Die wahre Absicht hinter Trumps Milliardenklagen gegen Medien

U.S. President Donald Trump participates in a Mexican Border Defense Medal presentation at the White House in Washington
Der US-Präsident fordert 10 Milliarden von BBC und Wall Street Journal, 15 Milliarden von den New York Times. Die Summen sind völlig unrealistisch - warum das Teil von Trumps Strategie ist.

Es sind unvorstellbare Summen, die nachhallen: Seit Dienstag ist bekannt, dass US-Präsident Donald Trump gegen die BBC eine Verleumdungsklage eingebracht hat, in der er nicht weniger als zehn Milliarden Dollar Schadensersatz fordert.

Der britische Rundfunk hatte im Vorjahr, kurz vor der US-Präsidentschaftswahl, eine TV-Dokumentation über Trump ausgestrahlt, in der Teile seiner Rede vor dem Sturm auf das Kapitol irreführend zusammengeschnitten waren. Trumps Anwälte werten das als “dreisten Versuch, die Präsidentschaftswahlen zu beeinflussen”. Wäre die Klage erfolgreich, stünde die BBC, die älteste staatliche Rundfunkanstalt der Welt, vor einer existenzbedrohenden Krise.

Auf den ersten Blick scheint der US-Präsident gute Argumente zu haben: Mit Generaldirektor Tim Davie und Nachrichtenchefin Deborah Turness traten zwei Führungsfiguren des Senders unmittelbar nach Bekanntwerden der Anschuldigungen zurück, die BBC entschuldigte sich sogar öffentlich bei Trump.

Milliardenklagen auch gegen New York Times und Wall Street Journal

Trotzdem ist völlig klar, dass die geforderte Summe utopisch ist. Selbst wenn es Trump gelänge, den zuständigen BBC-Redakteuren nachzuweisen, dass sie die Öffentlichkeit absichtlich täuschen wollten - noch dazu in Florida, wo Trump die Klage einbrachte, obwohl die Dokumentation weder im Fernsehen noch online legal verfügbar war - werden in solchen Fällen üblicherweise einstellige Millionenbeträge bezahlt.

Trump weiß das, seine Anwälte ebenso. Es ist seit Jahren Teil ihrer Strategie, bei Diffamationsklagen horrende Fantasiebeträge zu fordern, um Medienhäuser unter Druck zu setzen und ihre Berichterstattung zu beeinflussen. So klagte Trump das Wall Street Journal im Juli auf 10 Milliarden Dollar Schadensersatz, weil die Zeitung den Inhalt einer Geburtstagskarte wiedergegeben hatte, die im Jahr 2003 mutmaßlich von Trump an den später verurteilten Sexualstraftäter Jeffrey Epstein geschrieben worden war.

Von den New York Times verlangte er im September sogar 15 Milliarden Dollar, weil deren kritische Berichterstattung im Jahr 2024 aus Sicht seiner Anwälte einen Versuch der Wahlbeeinflussung darstellte. Ein Bundesrichter in Florida schmetterte die Klage ab, sie sei “voller belangloser Details”. Im Oktober reichten Trumps Anwälte eine überarbeitete Fassung ein.

Trumps Strategie trägt einen Namen: "SLAPP"-Klagen

In jedem dieser Fälle sind die geforderten Summen so hoch, dass sie im Ernstfall das Überleben der Medienhäuser gefährden, diese müssen also Zeit und Geld investieren, um sie unbeschadet zu überstehen - und rufen ihre Redakteure womöglich zur Vorsicht auf, um weitere Klagen zu vermeiden.

Im Fachjargon nennt man dieses für Trump typische Vorgehen “SLAPP” (Strategic Lawsuits against Public Participation) - auf Deutsch: “Strategische Klagen gegen öffentliche Beteiligung”. Dem Kläger ist bewusst, dass seine Forderungen aussichtslos sind - sein Ziel ist es, den Angeklagten in einem teuren Prozess aufzureiben. 

US-POLITICS-ENTERTAINMENT-KIMMEL

Die Late-Night-Moderatoren Stephen Colbert (links) und Jimmy Kimmel gerieten stark unter Druck, nachdem Trump nicht ihre Sender, sondern die dahinterstehenden Mutterkonzerne Paramount und Disney verklagte.

Trump formulierte das einmal, im Jahr 2011, ganz offen, nachdem er mit einer Schadensersatzklage in Höhe von fünf Milliarden Dollar gegen den US-Journalisten Tim O’Brien gescheitert war: “Ich habe es nur getan, um ihm das Leben zur Hölle zu machen.” Das Verfahren hatte sechs Jahre gedauert, Trump hatte gegen zwei Urteile Berufung eingelegt.

Wie Trump mit seinen Klagen Millionen verdienen konnte

Und doch gelang es Trump, mit seinen SLAPP-Klagen bisher reichlich Geld zu verdienen. Gerade in großen, börsennotierten Unternehmen stehen die Vorstände schließlich in der Verantwortung gegenüber ihren Aktionären, den Wert der Firma nicht schrumpfen zu lassen. Aufsehenerregende Verfahren können aber genau das herbeiführen - weshalb Vorstände oft sich oft rational dazu entscheiden, einen außergerichtlichen Vergleich zu suchen.

Im Juli warf Trump etwa dem TV-Sender CBS vor, im Vorjahr ein Interview mit der demokratischen Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris vorteilhaft geschnitten zu haben. Seine Anwälte klagten den Mutterkonzern Paramount auf die Fantasiesumme von 20 Milliarden Dollar. Doch weil Paramount gerade an der Übernahme der Produktionsfirma Skydance arbeitete und dafür die Zustimmung des Kartellamts noch ausstand, zahlte der Konzern 16 Millionen Dollar an Trump

Drei Tage später gab CBS bekannt, die Late-Night-Show des bekannten Trump-Kritikers Stephen Colbert ab Mai 2026 einzustellen.

Ähnlich, wenn auch nicht ganz so durchsichtig, war der Fall um Colberts Kollegen Jimmy Kimmel, dessen Show wegen einer Aussage zum Attentat an dem rechten Aktivisten Charlie Kirk im September abgesetzt wurde. Kurz darauf berichteten US-Medien, Trump habe dem Disney, dem Mutterkonzern des Senders ABC, mit einer Klage gedroht.

Denn ABC hatte zuvor schon einmal, im Dezember 2024, 15 Millionen Dollar an Trump gezahlt, damit der eine Klage gegen den Nachrichtenmoderator George Stephanopoulos zurückzog. Dieser hatte in einer Sendung fälschlicherweise behauptet, Trump sei ein verurteilter Vergewaltiger. Tatsächlich wurde Trump in einem zivilrechtlichen Verfahren wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt. 

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