"Frohe Weihnachten": Warum Trump IS-Terroristen in Nigeria bombardieren ließ
Donald Trump.
Massad Boulos ist nicht nur der Schwiegervater von Donald Trumps Tochter Tiffany. Der reiche Geschäftsmann mit libanesischen Wurzeln ist auch der Berater des amerikanischen Präsidenten für Afrika.
In dieser Funktion sagte der aus der Autoindustrie stammende Millionär kürzlich dies über Nigeria: „Menschen aller Religionen und aller Stämme sterben, und das ist sehr bedauerlich, und wir wissen sogar, dass Boko Haram und ISIS (in Nigeria; Anm.) mehr Muslime als Christen töten.”
Trumps Afrika-Berater Massad Boulos
Donald Trump hat sich von der Expertise seines Zuträgers nicht beeindrucken lassen. Am Abends des ersten Weihnachtsfeiertages gab der 79-Jährige über sein Kommunikationsportal "Truth Social" bekannt, dass „die Vereinigten Staaten einen mächtigen und tödlichen Schlag gegen die ISIS-Terroristen im Nordwesten Nigerias geführt haben, die vor allem unschuldige Christen in einem Ausmaß, wie es seit vielen Jahren, ja sogar seit Jahrhunderten nicht mehr gesehen wurde, gezielt und brutal ermordet haben.”
Trump wie das Verteidigungsministerium gaben zunächst keine Details zu Zielen (es soll sich um den Bundesstaat Sokoto gehandelt haben) und Opfern bekannt. Gleichwohl deutete Trump an, dass es sich nicht um eine einmalige Aktion gehandelt haben könnte. „Unter meiner Führung wird unser Land nicht zulassen, dass radikaler islamistischer Terrorismus gedeiht.“ Er fügte hinzu: „Möge Gott unser Militär segnen und frohe Weihnachten an alle, einschließlich der toten Terroristen, von denen es noch viel mehr geben wird, wenn sie weiterhin Christen abschlachten.“
Der Militärschlag geht auf Anweisungen Trumps von Anfang November zurück. Damals gab er dem in Deutschland beheimateten US-Africa Command (AFRICOM) den Befehl, Optionen für Angriffe auf militanter Gruppen im Norden Nigerias zu erarbeiten.
Schon während der Ausarbeitung der Pläne äußerten Pentagon-Experten gegenüber US-Medien Zweifel, dass ein Militärschlag nachhaltige Wirkung zeitigen würde. Begründung: Militante Gruppen wie Boko Haram und die Islamische Provinz Westafrika hätten Christen und Muslime gleichermaßen ins Visier genommen.
Kindesentführungen
Internationale Experten bestätigen das. Danach werden sowohl Christen (vorwiegend im Süden) als auch Muslime (meist im Norden) – die beiden wichtigsten Religionsgruppen in dem Land mit mehr als 230 Millionen Einwohnern – regelmäßig Opfer von Angriffen radikaler Islamisten. Zuletzt machten mehrfach Kindesentführungen und Massaker an Zivilisten weltweit Schlagzeilen, auf die selbst der Papst reagierte.
Knapp die Hälfte der 230 Millionen Nigerianer bekennt sich zum christlichen Glauben
Nigeria hat seit vielen Jahren mit tief verwurzelten Sicherheitsproblemen zu kämpfen, die unter anderem auch religiös motivierte Angriffe beinhalten. Viele Konflikte entstehen nach Information von Wissenschaftlern in Washington dagegen durch kommunale und ethnische Spannungen sowie aus Streitigkeiten zwischen Bauern und Hirten, die um den begrenzten Zugang zu natürlichen Ressourcen wie Wasser streiten.
Trump hatte dem Vernehmen nach Ende Oktober bei "Fox News" einen Bericht über die Verfolgung von Christen in Nigeria gesehen - und sei sofort darauf angesprungen. „Das Christentum ist in Nigeria einer existenziellen Bedrohung ausgesetzt. Tausende Christen werden getötet. Radikale Islamisten sind für dieses Massaker verantwortlich“, schrieb er in sozialen Medien und ließ Nigeria zu einem „Land von besonderer Bedeutung“ erklären. Was bedeutet, dass seine Regierung glaubt, dass Nigeria „systematische, anhaltende und schwerwiegende Verletzungen der Religionsfreiheit“ begangen oder toleriert hat. Die nigerianische Regierung wies die Vorwürfe zurück, sie tue nicht genug, um Christen vor Gewalt zu schützen.
Die Notlage der Christen in Nigeria ist seit Jahren ein Thema, das die Gemüter amerikanischer Konservativer bewegt. Einige der wichtigsten Verbündeten Trumps, Senator Ted Cruz aus Texas, forderte schon mehrfach eine Intervention der USA.
Trump, der auch während seines zweiten Präsidentschaftswahlkampfs überwältigende Unterstützung von evangelikalen Christen erhalten hatte, versprach während der Wahlen 2024, weltweit gegen antichristliche Umtriebe vorzugehen.
Paula White-Cain, die leitende Beraterin des Büros für Glaubensfragen im Weißen Haus, reiste bereits zuvor nach Nigeria, um dort zu predigen. Sie dankte Trump im Herbst für seine „klare Haltung zur Christenverfolgung in Nigeria“. Der Präsident wiederum zündelte verbal: „Wenn wir angreifen, wird es schnell, brutal und süß sein, genau wie die Terroristen unsere geliebten Christen angreifen“, schrieb er auf "Truth Social". „Die Rhetorik des „Schutzes nigerianischer Christen” spricht direkt emotionale und wahltaktische Motive in Trumps Innenpolitik an”, sagt der Afrika-Experte Olukayode Bakare.
Der nigerianische Menschenrechtsaktivist Bulama Bukarti sieht die Gefahr, dass Trumps Militär-Intervention „die Spaltung in einem Land vertieft, das ohnehin schon unter enormem Druck steht.“
Dem pflichtet Ebenezer Obadare vom „Council on Foreign Relations” in Washington bei: „Angesichts der politischen Stimmung in Nigeria könnte ein einseitiges Vorgehen der USA die Tinubu-Regierung untergraben und einen Vorwand für eine militärische Intervention schaffen, die mit Sicherheit Chaos im ganzen Land auslösen würde. Anstatt allein vorzugehen, sollten die Vereinigten Staaten in die Zusammenarbeit mit den nigerianischen Streitkräften… investieren, mit dem Ziel, den Dschihadismus zu besiegen – zunächst in Nigeria und dann in der gesamten Sahelzone.”
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