Gemäßigte Konservative alten Schlages sehen in Cheney, Mutter von fünf Kindern, insgeheim die „Drachentöterin“, die die Partei von Trump befreit.
Vor allem weil sie als Vize-Chefin des Untersuchungsausschusses zum Sturm aufs Kapitol messerscharf und mit stoischer Ruhe das Sündenregister Trumps freilegt. Das lässt ihr Ansehen über Parteigrenzen hinweg in neue Sphären steigen. Freilich: Trump-Fans hassen sie wie die Pest.
"Schwärzeste Stunde"
Erst vor kurzem drückte sie der Aufarbeitung der „schwärzesten Stunde“ der US-Demokratie (Präsident Biden) ihren Stempel auf, als sie Trump zwischen den Zeilen in die Nähe strafbaren Handelns rückte. Danach habe sich der Rechtspopulist der Beeinflussung von Zeugen schuldig gemacht. Das aber, so Cheney, werde man „sehr ernst nehmen.“
Cheneys unerbittliche Verfolgung des früheren Präsidenten lässt in den USA die Frage nicht abwegig erscheinen, ob sie 2024 selbst den Hut für eine Kandidatur zum Weißen Haus in den Ring werfen könnte. „Darüber habe ich noch nicht entschieden“, ließ sie kürzlich alles im Unklaren.
Sie ist "erledigt"
Dass sich Liz Cheney die Option offenhält, liegt an der zweiten Wirklichkeit, in der die Tochter des umstrittenen Vize-Präsidenten Dick Cheney lebt.
In ihrem Heimatbundesstaat Wyoming, der demnächst seine Kandidaten für den Kongress in der Hauptstadt kürt, trachtet man der resoluten Juristin politisch nach dem Leben. Einige erklären sie bereits für „Toast“. Auf Deutsch: erledigt.
Trump hat zu ihrer Abwahl aufgerufen, sein politisches Kapital hinter ihre Kontrahentin gewuchtet.
Weil Cheney sich gegen Trump nicht einfach nur auflehnt. Sondern weil sie ihn für seine Strippenzieherei bei der Gewaltexplosion im Januar 2021 angeklagt sehen will - und danach durch eine Gefängnisstrafe dauerhaft kompromittiert.
"Gestohlene Wahl"
Jedem Parteifreund, der anders taktiert, der Trumps Aufstands wegen der angeblich „gestohlenen Wahl“ 2020 für legitim – und dem 76-Jährigen den Steigbügel für einen dritten Anlauf Richtung Oval Office hält, schleudert sie entgegen: „Es wird der Tag kommen, an dem es Trump nicht mehr gibt. Aber eure Schande wird bleiben.“
In Washington macht das zunehmend Eindruck. Seit der U-Ausschuss reihenweise Ex-Top-Berater und Ex-Minister des Präsidenten dazu brachte, dessen staatsgefährdende Allüren unter Eid beim Namen zu nennen, kippt im rechten Lager latent die Stimmung.
Seit evident ist, dass Trump am 6. Januar 2021 bereit war, über Leichen zu gehen, senken auch wichtige konservative Meinungsbildner den Daumen. Sogar das Wall Street Journal oder, jahrelang publizistisches Beiboot Trumps, erklären, er dürfe wegen Unfähigkeit nie wieder für das höchste Staatsamt kandidieren.
Andere sehen Trump nach den Enthüllungen bereits so schwer beschädigt, dass er den Nominierung-Marathon in zwei Jahren nicht überstehen würde.
Käme es so, hätte Liz Chef mit ihrer besonnenen, Art, den Amerikanern die staatsgefährdenden Aktionen Trumps vor Augen zu führen, großen Anteil. Noch dazu, wenn der Preis wäre, dass ihre eigene parlamentarische Karriere vorläufig beerdigt würde.
Ihr Credo jedenfalls gewinnt an Zustimmung: Donald Trump könne sich nicht mit dem Hinweis aus der Affäre ziehen, er sei in puncto Wahlbetrugslüge „vorsätzlich blind“ gewesen und von schlechten Beratern schlecht beraten worden. „Das ist natürlich Unsinn“, sagt Liz Cheney, „Präsident Trump ist ein 76 Jahre alter Mann. Er ist kein Kind. Wie jeder andere in diesem Land ist er für seine Handlungen und Entscheidungen verantwortlich.“
Kommentare