Merz droht Israel: Luftbrücke für Gaza wird eingerichtet

Zusammenfassung
- Deutschland und Jordanien starten eine Luftbrücke für Hilfsgüter nach Gaza, unterstützt von Frankreich und Großbritannien.
- Helfer kritisieren den Luftabwurf als ineffektiv und teuer, während Israel erstmals seit Monaten größere Hilfslieferungen zulässt.
- Die humanitäre Lage im Gazastreifen bleibt kritisch, mit widersprüchlichen Einschätzungen zwischen Israel und internationalen Organisationen.
Angesichts der katastrophalen humanitären Lage im Gazastreifen starten Deutschland und Jordanien eine Luftbrücke zur Versorgung der Menschen mit Hilfsgütern.
Deutschland will nach Angaben von Bundeskanzler Friedrich Merz umgehend starten. Merz drohte Israel zugleich erstmals mit konkreten Maßnahmen, sollte das Land die humanitäre Lage in dem Kriegsgebiet nicht schnell verbessern. Auch US-Präsident Donald Trump forderte Israel auf, die Bevölkerung in Gaza zu versorgen.
"Ich möchte, dass sie dafür sorgen, dass sie das Essen bekommen. Ich will, dass sie das Essen bekommen", entgegnete Trump bei einem Besuch in Schottland auf die Frage, was er beim nächsten Gespräch mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu besprechen werde.
Auf die Frage, welche Verantwortung Israel dafür trage, dass die Hilfslieferungen die Menschen in Gaza erreichen, antwortete Trump: "Israel trägt eine große Verantwortung."
Frankreich will Hilfsgüter abwerfen
Am Dienstag hat auch Frankreich angekündigt, in dem kommenden Tagen Hilfsgüter über dem Gazastreifen abwerfen. Es gehe darum, die dringendsten und grundlegendsten Bedürfnisse der Zivilbevölkerung zu decken, teilte das Außenministerium in Paris mit. Bei den Abwürfen aus der Luft sollen demnach größte Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden, um die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten. Inwiefern Frankreich sich der von Deutschland geplanten Luftbrücke anschließt, teilte das Ministerium nicht mit.
Voraussetzung für eine deutliche Aufstockung der Hilfslieferungen sei, dass Israel unverzüglich seine Landübergänge zum Gazastreifen öffne, hieß es weiter. Transporte auf dem Landweg seien die bei weitem effizientesten Lösung, um einen massiven und ungehinderten Transport der humanitären Güter zu ermöglichen.
Frankreich bekräftigt außerdem seine Forderung nach einem Waffenstillstand im Gaza-Krieg.
Netanjahu: Lage im Gazastreifen schwierig
Netanjahu erklärte unterdessen, sein Land werde weiterhin mit internationalen Organisationen sowie den USA und europäischen Staaten zusammenarbeiten, "um sicherzustellen, dass große Mengen humanitärer Hilfe in den Gazastreifen fließen". Zugleich betonte der Regierungschef in einer Mitteilung seines Büros: "Während die Lage im Gazastreifen schwierig ist und Israel sich bemüht, die Lieferung von Hilfsgütern sicherzustellen, profitiert die (islamistische Terrororganisation) Hamas von dem Versuch, den Eindruck einer humanitären Krise zu schüren."
Israel bestreitet, dass es im Gazastreifen eine Hungerkatastrophe gibt, lenkte aber bedingt durch die weltweite Kritik an seiner Vorgangsweise ein. Dagegen erklärte die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die Unterernährung unter den rund zwei Millionen Bewohnern habe "alarmierende Ausmaße" erreicht. Israel macht UNO-Organisationen und die Hamas für Probleme bei der Verteilung von Hilfsgütern verantwortlich.
Helfer halten Luftbrücke für ineffektiv und teuer
Mit wie vielen Flugzeugen sich die Deutsche Bundeswehr beteiligen wird, blieb zunächst offen. Details dürfte es am Dienstag beim Besuch des jordanischen Königs Abdullah II. in Berlin geben. Helfer halten den Abwurf von Hilfsgütern aus der Luft wegen der relativ geringen Mengen für ineffektiv und auch teuer, etwa im Vergleich zu Lastwagentransporten.
Außerdem könnten Menschen am Boden durch die Paletten verletzt werden. "Humanitäre Hilfsgüter aus der Luft abzuwerfen ist eine sinnlose Initiative, die nach Zynismus riecht", sagte Jean Guy Vataux, der Notfallkoordinator der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen im Gazastreifen.
Palästinenser: Dutzende Tote bei israelischen Angriffen
Bei israelischen Angriffen im Gazastreifen sind nach palästinensischen Angaben im Morgengrauen Dutzende Menschen getötet worden. Medizinische Quellen im Al-Awda-Krankenhaus in Nuseirat im Zentrum des abgeriegelten Küstengebiets berichteten, es seien 30 Leichen eingeliefert worden. Wegen ihres Zustands sei die Identifizierung der Toten schwierig.
Bei mindestens acht der Opfer handle es sich um Mitglieder einer Familie, hieß es. Augenzeugen berichteten von mehreren israelischen Angriffen auf Wohngebiete nördlich von Nuseirat. Unabhängig prüfen ließ sich dies zunächst nicht. Vonseiten der israelischen Armee gab es dazu vorerst keine Angaben.
Chaos und Plünderungen von Hilfslieferungen
Nach israelischen Angaben haben den dritten Tag in Folge Transporte mit Hilfsgütern für die notleidende Bevölkerung den Gazastreifen erreicht. 260 Lastwagen seien in den abgeriegelten Küstenstreifen eingefahren und warteten derzeit auf ihre Abholung und die Verteilung der Güter, teilte die israelische Militärbehörde Cogat auf X mit. Israel hatte am Sonntag erstmals seit Monaten die Einfuhr von Hilfslieferungen in größerem Stil zugelassen. 120 Lastwagen fuhren in den Gazastreifen.
Sie trafen auf eine ausgehungerte und verzweifelte Bevölkerung. Augenzeugen und Helfer vor Ort berichteten von chaotischen Szenen. Viele Lastwagen seien von Menschenmengen geplündert worden, bevor sie die Lagerhäuser erreichen konnten. Manche der Waren seien zum Verkauf auf den Straßenmärkten gelangt. Beobachter führen diese Zustände auch auf den Zusammenbruch jeglicher sozialer Ordnung im kriegszerstörten Gazastreifen zurück, den die israelische Blockadepolitik noch verschärft habe.
Kommentare