Deutsches Neun-Euro-Ticket: Züge waren so voll, dass sie nicht abfahren konnten

Deutsches Neun-Euro-Ticket: Züge waren so voll, dass sie nicht abfahren konnten
Die Kunden waren verärgert, die Mitarbeiter überfordert: Die ohnehin oft marode Deutsche Bahn bestand den Neun-Euro-Ticket-Härtetest am Pfingstwochenende nicht.

Übervolle Züge in deutschen Urlaubsregionen, Gedränge auf Bahnsteigen sowie Verspätungen und verärgerte Kunden - für die Rabattaktion mit dem 9-Euro-Monatsticket war die Pfingstreisewelle ein erster Härtetest. Bei der Deutschen Bahn hieß es vor der anstehenden Rückreisewelle am Montag nur: „Wie erwartet gab und gibt es regionale Spitzen im Fahrgastaufkommen, insbesondere zu touristischen Zielen.“ Der Fahrgastverband Pro Bahn wiederum sprach von einem Chaos.

Überregional werde „insgesamt ein stabiler Bahnbetrieb“ verzeichnet. Der Fahrgastverband Pro Bahn wiederum sprach von einem Chaos, das vorhersehbar gewesen und Folge eines politischen Angebots sei, ohne dafür über die nötigen Kapazitäten im Bahnverkehr zu verfügen. Verbraucherschützer, Kommunen sowie Verkehrspolitiker fordern nach dem Boom beim 9-Euro-Monatsticket und der Nachfrage im Pfingstverkehr dauerhaft günstige Nahverkehrspreise. Der deutsche Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) strebt tiefgreifende Verbesserungen für einen attraktiveren öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) an.

Touristenziele übervoll

Über das Pfingstwochenende sind alljährlich viele Regionalzüge vor allem in Urlaubsregionen gesteckt voll. Diesmal kamen aber noch die 9-Euro-Tickets hinzu. Diese gelten im Juni, Juli und August und ermöglichen jeweils für einen Monat beliebig viele Fahrten in Bussen und Bahnen des Nah- und Regionalverkehrs in ganz Deutschland - viel günstiger als normale Monatstickets, die zudem nur im Verbundbereich gelten.

Während des langen Pfingstwochenendes waren nach Angaben der Deutschen Bahn Regionalzüge insbesondere zu touristischen Zielen sehr stark nachgefragt - etwa Richtung Ost- und Nordsee. Reisende hatten von teils völlig überfüllten Zügen berichtet, es sei zu Verspätungen gekommen. Aus einigen Zügen mussten Fahrgäste wieder aussteigen. Auch konnten Reisende Fahrräder teils nicht mitnehmen. Bei der Deutschen Bahn hieß es am Montag, für eine ausführliche Bilanz sei es noch zu früh. Eine Branchen-Zwischenbilanz werde der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) Mitte dieser Woche vorlegen.

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Polizisten mussten helfen

Bundespolizisten waren über Pfingsten verstärkt im Einsatz, um Bahn-Mitarbeiter zu unterstützen - etwa wenn Fahrgäste aufgefordert werden mussten, überfüllte Züge zu verlassen. Wie häufig überfüllte Züge gestoppt werden mussten, war zunächst nicht von der Deutschen Bahn zu erfahren.

In Stendal in Sachsen-Anhalt etwa wurden Bundespolizisten am Samstag zu einem überfüllten Regionalexpress Richtung Norden gerufen. Der Zug sei um mehr als 200 Prozent ausgelastet gewesen, sagte ein Sprecher des Bundespolizei. Der Triebfahrzeugführer habe um Hilfe gebeten, da Reisende nicht bereit gewesen seien, den Zug zu verlassen, schilderte ein Sprecher der Bundespolizei.

„In den Hauptreisezeiten war die Nachfrage auf den Hauptstrecken so stark, dass Züge nicht abfahren konnten. Und einige Bahngesellschaften - etwa die Metronom in Norddeutschland - haben die Fahrradbeförderung ausgeschlossen, weil sie dem Ansturm nicht Herr wurden“, kritisierte Karl-Peter Naumann vom Fahrgastverband Pro Bahn. Gut am 9-Euro-Ticket sei, dass dadurch der öffentliche Nahverkehr wieder ins Gespräch gebracht worden sei. Naumann erwartet für die kommenden Sommermonate weitere Probleme. Bahnreisenden riet er darum, wenn möglich nicht am Wochenende zu fahren, sondern auf Tage in der Wochenmitte auszuweichen und das Ausflugsziel zu überdenken.

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