Deutsche Post soll Kundendaten für Wahlkampf verkauft haben

Deutsche Post soll Kundendaten für Wahlkampf verkauft haben
"Mehr als eine Milliarde Einzelinformationen" stehen laut einer internen Broschüre den Interessenten zur Verfügung.

Nach dem Datenskandal bei Facebook gibt es einem Medienbericht zufolge ähnliche Vorwürfe gegen die Deutsche Post. Wie die Bild am Sonntag berichtete, verkauft der ehemalige Staatskonzern über seine Tochter Deutsche Post Direkt GmbH seit 2005 Daten an Parteien zu Wahlkampfzwecken. Im Bundestagswahlkampf 2017 hätten CDU und FDP jeweils einen fünfstelligen Betrag für straßengenaue Analysen gezahlt.

Beide Parteien bestätigten auf Anfrage der BamS entsprechende Verträge, die Post wollte sich nicht dazu äußern. Wie die Zeitung unter Berufung auf vertrauliche Papiere schreibt, werden bei den Geschäften zwar persönliche Daten anonymisiert, durch die Vielzahl von Einzelinformationen und deren Kombinationen seien aber Aussagen zur "Parteiaffinität" für einzelne Gebäude mit mindestens sechs Haushalten möglich.

Werbung für Informationen

Die Post wirbt dem Bericht zufolge in einer internen Broschüre: "Für jedes Gebäude im Wahlkreis wird für jede Partei ein Chancenwert ermittelt". Dabei handle es sich um eine Zahl zwischen eins und hundert. Insgesamt stünden für etwa 20 Millionen Häuser mit rund 34 Millionen Haushalten in Deutschland "mehr als eine Milliarde Einzelinformationen" zur Verfügung.

Darunter befinden sich demnach Angaben zu Kaufkraft, Bankverhalten, Geschlecht, Alter, Bildung, Wohnsituation, Familienstruktur, Wohnumfeld und Pkw-Besitz. Nach eigenen Angaben kaufe die Post außerdem statistische Daten von Behörden wie dem Kraftfahrt-Bundesamt und Katasteramt, berichtete die BamS.

Linken-Netzexpertin Anke Domscheit-Berg sagte, dieser Zustand sei "untragbar". Eine Weitergabe dieser privaten Daten müsse ohne ausdrückliche Zustimmung verboten sein, "ohne Wenn und Aber".

Neu bewerten

Hamburgs Datenschutzbeauftragter Johannes Caspar sagte, der Einsatz von "Microtargeting im Offline- oder Online-Sektor zum Zweck der Wahlwerbung" müsse nach dem Skandal um Facebook und die britische Kommunikationsfirma Cambridge Analytica neu bewertet werden. Wenn das deutsche Grundgesetz den Parteien die Aufgabe der Mitwirkung an der politischen Willensbildung des Volkes übertrage, sei damit sicher nicht gemeint, mit intransparenten Verfahren "den Wählerwillen zu manipulieren".

Ein Post-Sprecher sagte der BamS, das Unternehmen übermittle an die Parteien keine personenbezogenen Adressen und halte sich selbstverständlich an geltendes Recht.

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