Der neue Außenminister auf Besuch beim Mediator des Nahen Ostens

Der neue Außenminister auf Besuch beim Mediator des Nahen Ostens
Chefdiplomat Michael Linhart fuhr nach Katar, das sich zum wichtigsten Vermittler der Region entwickelt hat.

Kleine, reiche Länder haben in einer polarisierten Weltpolitik manchmal die Chance, gute Verbindungen auch mit schwierigen Playern zu halten und damit eine Vermittlerrolle einzunehmen. Was Österreich zumindest aus der Vergangenheit bekannt vorkommt, perfektioniert Katar derzeit. Und bringt sich damit – neben seinen Ambitionen als Sport-Veranstalter – aufs internationale Tableau.

Katar hat sich mit seiner Afghanistan-Diplomatie für den Westen in den vergangenen Monaten als sehr nützlich erwiesen. Nach der Machtübernahme der Taliban in Kabul im August hat Katar 60.000 Menschen (hauptsächlich Amerikaner und Afghanen) evakuiert – und wurde somit zum wichtigsten Partner der USA in dieser Mission. „Auch ein paar Österreicher waren dabei“, sagte Außenminister Michael Linhart am Mittwoch bei seinem Besuch in Doha und bedankt sich bei seinem Amtskollegen Sheikh Mohammed bin Abdulrahman al-Thani.

„Wir dürfen nicht zulassen, dass Afghanistan ein sicherheitspolitisches schwarzes Loch wird“, sagte Linhart, der auch mit Premier Khalid bin Khalifa bin Abdulaziz al-Thani zusammentraf. Österreich wolle „mit den Staaten der Region eng zusammenarbeiten und gemeinsam Druck auf die Taliban aufbauen“, so der Außenminister. Sein katarischer Amtskollege versicherte: „Katar hat dieselben Sorgen wie die internationale Gemeinschaft.“ Man hoffe auf Sicherheit und Stabilität, will „die Errungenschaften des afghanischen Volkes erhalten“. Man dürfe „Afghanistan nicht im Stich lassen“.

Er rät Österreich und der EU, mit Afghanistan zusammenzuarbeiten und die humanitäre Hilfe nicht zu politisieren, etwa an Bedingungen zu knüpfen. Linhart betonte in diesem Zusammenhang, dass Österreich das größte Soforthilfepaket in seiner Geschichte mit 20 Millionen Euro für UN-Organisationen in Afghanistan bereitgestellt habe.

Vorsicht vor dem IS

„Niemand will, dass Afghanistan total zusammenbricht“, sagt Sultan Barakat vom Think Tank Doha Institute, ebenfalls bei einem Treffen mit dem Außenminister. Er warnte gleichzeitig vor einem Aufstreben der Terrormiliz IS, sollte die Taliban-Regierung nicht halten. Vor allem in Hinblick auf die humanitäre Hilfe, glaubt der Experte, dass es wichtig sei, mit den Taliban zu reden: „Hilfskonvois sind ein logisches Terrorziel. Wer soll die Lieferungen absichern, wenn nicht die Taliban?“

Der neue Außenminister auf Besuch beim Mediator des Nahen Ostens

Außenminister Linhart mit seinem Amtskollegen Sheikh Mohammed bin Abdulrahman al-Thani

Afghanistan weiter wichtig

Das Thema beschäftigt den neuen Außenminister, der die ursprünglich noch für Alexander Schallenberg als Chefdiplomat geplante Reise übernommen hat. Auch nach Zentralasien nächste Woche hätte ursprünglich Linharts Vorgänger im Außenamt fahren sollen. Auch dort Afghanistan das dominierende Thema sein.

Katars großer Moment

„Katar hat eine interessante Rolle“, so Barakat, „politisch findet es sich zwischen zwei sehr verschiedenen Nachbarn: Saudi-Arabien und Iran“. Doha müsse versuchen zu beiden gleichmäßige Distanz zu halten. „Daraus ergibt sich die Vermittlerrolle automatisch.“

Neben den Evakuierungen hat Katar aber in der Afghanistan-Krise eine weitere wichtige Rolle übernommen. Die des Vermittlers zwischen der isolierten Taliban-Regierung und dem Rest der Welt. Schon vor der Machtübernahme war Doha Gastgeber für die Verhandlungen der Taliban mit der Trump-Regierung. 

Die aktuelle US-Regierung nennt Katar einen seiner momentan wichtigsten Partner. Nie sei die Partnerschaft stärker gewesen, sagte Außenminister Antony Blinken. Er und Verteidigungsminister Lloyd Austin quittierten das im September mit einem Besuch. „Viele Länder haben bei der Evakuierung aus Afghanistan geholfen“, sagte Blinken damals. „Aber keines so sehr wie Katar.“ „Katar hat gerade seinen großen Moment auf der Weltbühne“, kommentiert die New York Times.

Anmerkung der Redaktion: Die Reise wurde teilfinanziert vom Außenministerium.

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