Das glücklichste Land der Welt - mit den meisten Drogentoten

Das glücklichste Land der Welt - mit den meisten Drogentoten
Ein trauriger Befund aus Finnland konterkariert die UN-Erhebung, in der das Land erneut an der Spitze steht.

„Man weiß halt nie, was einem verkauft wird.“ Dieser Satz ist laut der finnischen Zeitung Ilto-Sanomat oft von Jugendlichen zu hören, wenn wieder Todesfälle durch Drogen zu beklagen sind. Finnland, zum fünften Mal in Folge von der UNO als „glücklichstes Land der Welt“ gefeiert, hat noch einen anderen Rekord aufzuweisen – dort gibt es prozentual auch die meisten Drogentoten unter jungen Menschen in der EU, wie der TV-Sender YLE am Donnerstag berichtete.

Die oppositionelle Rechtsaußenpartei „Die Wahren Finnen“ machte diese Woche Druck – Null-Toleranz für Drogendelikte, eine „Abschiebe-Maschinerie“ für ausländische Drogendealer, zudem sollen die 7.500 Polizisten des Landes um tausend weitere Beamte aufgestockt werden. Denn in Finnland zeigt sich ein Trend, der in Schweden bereits weit fortgeschritten ist: Kriminelle Gangs, die Mitglieder zumeist Migranten, kämpfen mittels Schusswaffen um ihre Drogenreviere. Dies passiert vor allem im Raum Helsinki und Turku.

Politikversagen im glücklichsten Land der Erde

Auch die regierenden Sozialdemokraten unter Sanna Marin wollen darum gegen die Banden hart vorgehen, jedoch die betroffenen Jugendlichen und Familien mehr unterstützen. Grüne und Linke, welche ebenfalls an der Regierung beteiligt sind, verlangen dagegen eine Liberalisierung der Drogenpolitik und Räume für den kontrollierten Konsum von Drogen.

Experten werfen der aktuellen wie vorangegangenen Regierungen vor, das Problem lange verdrängt und verschoben zu haben, obwohl sich die Anzahl der jährlichen Toten seit Beginn des 21. Jahrhunderts verdoppelt habe. Der Drogenkonsum werde geduldet, ohne dass effektive Hilfe angeboten würde. Auch das Fehlen von psychiatrischer Betreuung wirke sich negativ aus.

Besonders schlimm war es im ersten Corona-Jahr – in dem Land mit 5,5 Millionen Einwohnern starben insgesamt 258 Menschen an Drogen, davon waren 76 unter 25 Jahre alt. Viele sterben an einem Mix aus Substanzen und Alkohol. Vor allem auch die Online-Angebote hätten den Konsum unter Jugendlichen auch auf dem Land erhöht.

Betroffene in Finnland berichten

Bei den Betroffenen, so YLE, überwiege oft das Gefühl der Scham, auch bei deren Eltern. Die Stadt Lahti, im Ausland bekannt fürs Skispringen, hatte darum diese Woche einen „Elternabend“ organisiert, um dem Absturz der Kinder vorzubeugen. Über 500 lauschten den grausamen Geschichten junger ehemaliger Drogenabhängiger. „Fragen Sie ihr Kind jeden Tag, wie es ihm geht“, riet der Direktor des dortigen Jugendamtes abschließend.

Die Probleme des Drogenkonsums werden nun zunehmend in der finnischen Öffentlichkeit thematisiert, Aufsehen erregte auch das Buch der 30-jährigen Autorin Laura Juntinen, die in ihre Provinz in Mittelfinnland zurückkehrte, zur Stätte ihrer Kindheit. Von ihren fünf einstigen Freundinnen hatte nur eine überlebt.

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