Cholera und Ruhr in Mariupol ausgebrochen

Cholera und Ruhr in Mariupol ausgebrochen
Bürgermeister: Weitere tausende Menschen in Mariupol werden sterben. Ukraine fordert dringend mehr Unterstützung des Westens.

Tag 108 nach dem russischen Angriff auf die Ukraine:

Während aus der Ostukraine anhaltend schwere Kämpfe gemeldet werden, sind im russisch besetzten Mariupol nach ukrainischen Angaben Seuchen ausgebrochen. In der im Süden gelegenen Hafenstadt gebe es einen Cholera- und Ruhrausbruch, sagte Bürgermeister Wadym Bojtschenko, der sich außerhalb der Stadt aufhält. "Der Krieg, der mehr als 20.000 Menschen das Leben gekostet hat, wird mit diesen Infektionsausbrüchen leider die Leben weiterer Tausender Menschen in Mariupol fordern." 

Leichen verwesten in den Straßen. Teile der Wasserversorgung seien verseucht und sanitäre Anlagen zerstört. Bojtschenko rief die Vereinten Nationen und das Rote Kreuz dazu auf, Fluchtkorridore einzurichten, damit Bewohner die durch den Krieg weitgehend zerstörten Stadt verlassen könnten.

"Intensive Straßenkämpfe"

Im seit Wochen umkämpften Sjewjerodonezk tobten unterdessen nach britischen Erkenntnissen anhaltend "intensive Straßenkämpfe" zwischen russischen und ukrainischen Truppen. Auf beiden Seiten gebe es vermutlich zahlreiche Opfer, teilte das Verteidigungsministerium in London unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse mit. Sjewjerodonezk gilt als strategisch wichtig. Sollte Russland die kleine Industriestadt erobern, wäre dies für die Ukraine ein schwerer Rückschlag beim Versuch, den Donbass zu verteidigen. Russland hat den Fokus seines am 24. Februar begonnen Angriffs gegen die Ukraine auf den Osten des Landes verlegt, nachdem sein Militär in anderen Gegenden zurückgeschlagen wurde, etwa im März vor den Toren Kiews.

Vertreter der Ukraine forderten mit Nachdruck mehr Unterstützung des Westens angesichts des russischen Ansturms. "Das ist jetzt ein Artilleriekrieg", sagte der stellvertretende Leiter des ukrainischen Militärgeheimdienstes, Wadym Skibizkyj, der britischen Zeitung "Guardian". Alles hänge nun davon ab, was der Westen der Ukraine liefere. Russland verfüge über zehn- bis 15-mal so viele Artilleriegeschütze wie die Ukraine.

Entscheidung über "Regeln dieser Welt"

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij betonte in einer Videoansprache vor den Delegierten einer internationalen Sicherheitskonferenz in Singapur, er sei dankbar für die bisherige Unterstützung. "Aber diese Unterstützung ist nicht nur für die Ukraine, sondern auch für Sie selbst." Denn auf den Schlachtfeldern der Ukraine würden sich die "künftigen Regeln dieser Welt" entscheiden. Er erneuerte zugleich Warnungen, dass in afrikanischen und asiatischen Ländern Hunger und Lebensmittelkrisen drohten, sollte Russland ukrainische Getreideexporte blockieren.

Die von Selenskyj angesprochen Themen dürften auch bei einem treffen mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zu Sprache kommen. Sie traf am Samstag in Kiew ein. Auf Twitter kündigte sie an, auch den Wiederaufbau des Landes sowie die von der Ukraine angestrebte EU-Mitgliedschaft zu bereden.

Die russische Führung spricht von einer "Spezialoperation" in der Ukraine. Die Ukraine und westliche Staaten werfen Moskau dagegen vor, einen Angriffskrieg zu führen, der mittlerweile Zehntausende Menschen das Leben gekostet hat.

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