Was König Charles bei einem deutschen Bio-Bauern vorhat

Schutz von Feuchtgebieten, ökologische Landwirtschaft, Zukunft des ländlichen Raumes: Was sich wie das Programm einer Fachtagung für Biologen liest, steht so im königlichen Protokoll für Donnerstag. Dann nämlich wird die Bentley-Limousine mit Charles und Camilla – nicht ganz klimafreundlich – über großräumig abgesperrte Landstraßen quer durch Brandenburg brettern. Schließlich ist das vermutlich wichtigste Ziel, das der britische König in den kommenden drei Tagen seiner Deutschland-Visite hat, ein Bio-Bauernhof in der Abgeschiedenheit der Brandenburger Heide.
Ganz nach Charles' Geschmack
Dort, wo zu Zeiten der DDR eine staatliche Groß-Landwirtschaft mehr schlecht als recht und ohne Rücksicht auf die Umwelt fuhrwerkte, arbeitet man heute nach allen Spielregeln von Ökologie und Nachhaltigkeit. Also genau die Prinzipien, die Charles auf seinem eigenen Anwesen, im englischen Highgrove, hochhält.

Der Prinz auf einer britischen Farm
Thema Energiewende
Schließlich ist der König seit Jahrzehnten ein Vorkämpfer für die Nachhaltigkeit, der schon vor Umweltverschmutzung und Raubbau an der Natur warnte, als man das anderswo meist noch belächelte. Also haben sich auch die deutschen Gastgeber, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbender, ganz nach diesen Vorlieben gerichtet. Wenn die beiden also zum Auftakt des Staatsbesuches am Mittwoch einen Empfang im Berliner Schloss Bellevue geben, wird es auch dort um ökologische Themen gehen. Energiewende und Nachhaltigkeit wird Charles mit Wissenschaftern und Politikern dabei debattieren.
Nicht nur bei der Themenwahl und bei der persönlichen Betreuung – der Bundespräsident ist drei Tage lang nur für seine Gäste da – will man in Deutschland demonstrieren, wie wichtig man diesen Besuch nimmt.
Premiere vor dem Tor
Auch beim Zeremoniell hat man an Pomp und Symbolik nicht gespart. Charles und Camilla sind die ersten Staatsgäste, die in Deutschland direkt vor dem Brandenburger Tor mit militärischen Ehren empfangen werden.
Bisher war man wegen der fast schon erdrückenden historischen Bedeutung dieses Wahrzeichens von Berlin damit ins Schloss Bellevue ausgewichen. Nicht nur wird die Gardemusik der Bundeswehr jetzt direkt vor dem Tor die deutsche und die britische Hymne schmettern, es gibt auch so viele Salutschüsse wie selten: 21-mal werden die Kanonen abgefeuert.

Deutschland-Experte
Der britische König hat tatsächlich eine besonders enge Beziehung zu Deutschland – und das nicht nur aus familiären Gründen, schließlich stammen die Windsors ausschließlich von deutschen Adelsfamilien ab. Rund 40 Mal war Charles schon zu Besuch beim einstigen Erzfeind.
Rötkäppchen-Sekt im Plattenbau
Einer der bemerkenswertesten: Der kurzfristig eingeschobene Besuch bei einer Familie in einem sozialistischen Plattenbau in Ostberlin 1995. Einen Kuchen zu backen, das sei sich in all der Eile nicht mehr ausgegangen, erzählte die Gastgeberin damals der Presse. Also gab es Rotkäppchen-Sekt, die DDR-Traditionsmarke, und dazu Süßes aus der Bonbonniere.
Stammgast
Rund 40 Mal hat Charles Deutschland schon besucht. Das erste Mal als 13-Jähriger mit seinem Vater Philip. Der besuchte 1962 die deutsche
Verwandtschaft.
Große Rede
Wie schon 2020 hält Charles nun eine Rede vor dem Bundestag in Berlin – wohl wieder zu großen Teilen auf Deutsch. An diesem Tag vor sechs Jahren, dem 29. März 2017, erklärte Großbritannien offiziell, den Austritt aus der EU einzuleiten.
Absage
Eigentlich sollte die Auslandsreise des Königs in Frankreich starten. Traditionell der wichtigste europäische Verbündete. Doch die Massenproteste dort verhinderten die Visite.

Familienbesuch im Plattenbau in Ostberlin
Charles wird es wohl nicht gestört haben. Der König, den seine eigenen Söhne ja als an allem interessierte Leseratte beschreiben, sucht auf seinen Staatsbesuchen im Ausland vor allem den Kontakt mit den einfachen Bürgern. Auch bei diesem Deutschland-Besuch sind mehrere solche Treffen vorgesehen. Anders als seine verstorbene Mutter, die gerade einmal ein paar Hände schüttelte und ein paar Stehsätze abgab, nimmt sich Charles gerne Zeit für ausführliche Gespräche. Auch dabei soll es meistens um sein Lieblingsthema Umweltschutz gehen. Der geht eben vor – sogar beim Staatsbankett auf Schloss Bellevue. Denn dort – so viel durfte der Chefkoch schon verraten – kommt Regionales auf den Tisch, vom Bio-Bauernhof aus Brandenburg.
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