Der Monarch hat zwar seit jeher ein enges Verhältnis zu Deutschland – nicht nur, weil seine Familie väterlicherseits vom deutschen Haus Battenberg abstammt; er hat sich viel mit der deutschen Kultur beschäftigt und das Land rund 30 Mal besucht. Und doch ist Deutschland unerwartet zu dieser Pionierfunktion gekommen: Eigentlich hätte Charles bereits heute, Sonntag, europäischen Kontinentalboden betreten sollen. Doch nachdem ein Rathaus in Bordeaux in Brand gesteckt worden war, zog Frankreich die Reißleine. Die Sicherheit des Königs konnte nicht garantiert werden.
Seit Wochen protestieren Franzosen gegen die geplante Reform, die das Pensionsalter von 62 auf 64 Jahre anheben möchte. Am Donnerstag gingen mehr als eine Million Menschen auf die Straße; der nächste Streiktag ist für Dienstag angekündigt.
Ein Staatsdinner in Versailles war aufgrund der Unruhen bereits zu Wochenmitte gestrichen worden. Zu schief wäre die Optik eines dekadenten Fests neben den Unruhen gewesen. „Wirkt sehr wie 1789“, verwies der in Paris lebende Autor Stephen Clarke im Guardian auf das Jahr, in dem die französische Revolution begann.
Nun wird die royale Reise nur nach Berlin und Hamburg gehen. König Charles wird dabei einen Bauernhof in Brandenburg besuchen, an einem Staatsbankett teilnehmen und Flüchtlinge aus der Ukraine treffen. Als erster Monarch wird Charles dabei auch eine Rede im Bundestag halten. Einmal mehr wird damit klar, dass mit Charles ein frischer – und durchaus politischer – Wind im Königshaus weht. Auch für den kürzlich finalisierten Brexit-Deal – der den klingenden Beinamen „Windsor Abkommen“ trägt – wurde die sanfte Macht des Königshauses genutzt.
Heikle Windsor-Visite
Dass Charles EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dabei zum Tee im Schloss einlud, wurde von einigen Briten jedoch scharf kritisiert. Doch Charles hat bereits wiederholt die Wogen in der Brexit-Aufregung geglättet. 2017 kam er für eine Charme-Offensive auch nach Wien. Es wird sich zeigen, ob er Österreich auch als König einen Besuch abstattet. Seine Mutter, Königin Elizabeth, hat Österreich 1969 besucht; 17 Jahre nach ihrer Krönung.
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