Nachpfeifen verboten: SPD will "Catcalling" strafbar machen

Von Franziska Trautmann
Nachpfeifen, Kussgeräusche, sexuelle Zurufe – „Catcalling“ ist mittlerweile jedem ein Begriff. Vor allem Frauen werden immer wieder Opfer verbaler sexueller Belästigung. Anzeigen können sie es aber nicht in jedem Land, Deutschland möchte das jetzt ändern und den Tatbestand ins Strafgesetzbuch aufnehmen. Den Ball ins Rollen gebracht hat die SPD-Bundestagsfraktion.
„Diese Gesetzeslücke muss geschlossen werden"
Obszöne und sexuelle Gesten und Rufe auf offener Straße haben nichts mehr mit Komplimenten zu tun und schüchtern die Opfer, in aller Regel Frauen oder Mädchen, massiv ein. Denn juristisch dagegen vorgehen kann man in Deutschland nicht, zumindest noch nicht, wenn es nach Sonja Eichwede, stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende, geht. Verbale sexuelle Belästigung ist im juristischen Sinn keine Beleidigung oder persönliche Herabsetzung - deshalb nicht strafbar.
„Diese Gesetzeslücke muss geschlossen werden. Solch ein Verhalten können wir nicht tolerieren“, sagt Eichwede in einem Interview mit dem Stern. Laut ihr zeigen Studien, dass sich die Opfer als Folge aus dem öffentlichen Leben zurückziehen. Sie fordert: „Nicht die Opfer sollten ihr Verhalten ändern, sondern die Täter.“ Für Eichwede würde vorerst eine Geldstrafe infrage kommen, der Strafrahmen per se „müsse aber in einem Gesetzgebungsverfahren geklärt werden.“
Für Eichwede ist wichtig klarzustellen: „Es geht nicht darum, ungewollte Komplimente unter Strafe zu stellen, auch wenn diese nicht immer schön sind. Die Sorgen, die hier manche möglicherweise haben – von wegen, man dürfe dann gar nichts mehr sagen – sind völlig unbegründet.“ Wie genau ein Gesetzesentwurf aussehen und wann er im Bundestag besprochen werden soll, steht noch nicht fest.
Die Idee rechtlich gegen Catcalling vorzugehen ist in Deutschland aber nichts neues, zuletzt setzte sich das Bundesland Niedersachsen im Oktober 2024 für ein bundesweites Strafgesetz ein. Im Februar sprach sich Niedersachsens Justizministerin Kathrin Wahlmann für eine Expertenkommission auf Bundesebene aus und forderte die Gesetzeslücke zu schließen. Der Gesetzesentwurf scheiterte jedoch im Bundesrat.
Österreicher fordern Gesetz
Auch in Österreich bleibt Catcalling derzeit straffrei. Immer mehr Organisationen und Initiativen verlangen einen Paradigmenwechsel. Zuletzt sorgte eine Petition des Grazer Frauenrates für Aufsehen. „Verbale sexuelle Belästigung stoppen“ heißt die Petition, die über die Plattform „mein #aufstehn“ läuft und fast 7.700 Unterschriften hat. Damit möchte der steirische Frauenrat direkt an das österreichische Bundesministerium für Frauen, Wissenschaft und Forschung appellieren und vor allem an den Nationalen Aktionsplan (NAP) zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu denken geben. Catcalling soll darin als explizite Form sexualisierter Gewalt mit einem angemessenen rechtlichen Schutzrahmen verankert werden. Ob und wie die Forderung integriert wird, soll sich bei der sukzessiven Ausarbeitung des Plans herausstellen.
In der EU haben bereits Frankreich, Belgien, Portugal, Spanien und die Niederlande Catcalling explizit unter Strafe gestellt und mit Geldstrafen bewehrt. In Frankreich zahlt man zum Beispiel bis zu 750 Euro. In Spanien sind sogar Haftstrafen möglich.
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