Atomkraft: Kommt in Deutschland der Ausstieg vom Ausstieg?

25 Jahre ist es her, seit Gerhard Schröder den Ausstieg aus der Atomkraft paktierte. Vor 14 Jahren hat Angela Merkel das Ganze massiv beschleunigt, nach Fukushima. Und vor eineinhalb Jahren ging dann der letzte deutsche Atomreaktor vom Netz.
Ob der Ausstieg aber richtig war, wird bis heute gefragt. „Blanke Ideologie“ sei die Abkehr von der Kernkraft gewesen, sagte CDU-Chef Friedrich Merz erst jetzt wieder, die Union hat sich die Wiederbelebung der Kernkraft sogar ins Programm geschrieben. Grund dafür ist die andauernde Energiekrise, gepaart mit dem Problem, dass durch den Ausstieg aus russischem Gas wieder auf Kohle gesetzt werden musste – das verhagelt die deutsche CO2-Bilanz.
Auch die AfD trommelt für ein Comeback der Atommeiler; sie warnt vor drohenden „Dunkelflauten“. Die Hälfte des deutschen Stroms kommt nämlich mittlerweile aus Wind- und Solaranlagen, doch die sind wetterabhängig – ist es windstill oder zu dunkel, muss Strom aus dem Ausland importiert werden. Und der kommt oft aus französischen Atommeilern.
Milliardenkosten
Zu realisieren wäre ein Comeback der Kernkraft aber nicht so einfach, wie die Politik vorgibt. Der Grund dafür sind hauptsächlich die Kosten: Der Ausstiegsprozess kostete den Staat knapp 2,5 Milliarden an Kompensationen für die betroffenen Energiekonzerne. Die 19 geschlossenen Kraftwerksblöcke wieder in Betrieb zu nehmen, wäre ebenfalls teuer: Bei allen Anlagen hat mittlerweile der Rückbau begonnen, oft in Sisyphosarbeit per Hand; bei manchen Anlagen sind Arbeiten bis in die 2030er-Jahre geplant. Dementsprechend kostenintensiv wäre auch der Rückbau, zumal viele Bauteile durch den Abbau verstrahlt sind.
Nicht ökonomisch
Die Energiekonzerne haben darum wenig Interesse an einem Comeback der Kernkraft. „Ökonomisch nicht sinnvoll“ sei das, hieß es vom Energieriesen E.on; auch RWE-Chef Markus Krebber sagte, Atomkraft würde sich in Deutschland „angesichts von immer mehr Wind- und Solaranlagen nicht mehr rechnen“. Viele der ehemaligen Atomstromriesen haben nämlich selbst Milliarden in die Erneuerbaren investiert – selbst wenn der Staat den Rückbau subventionieren würde, könnten sich die Firmen so ihre eigenen neuen Geschäftsfelder ruinieren.
Der Wunsch der Politik kommt aber nicht von Ungefähr. 67 Prozent der Deutschen wünschen sich einen Ausstieg vom Ausstieg, hauptsächlich in Hoffnung auf günstigere Preise. Laut Forschern sind die aber kaum zu erwarten, die Investitionskosten seien viel zu hoch.
In der Union gibt es daher nicht wenige, die auf den Bau kleinerer Reaktoren setzen; Small Modular Reactors (SMR) nennt sich die Technologie. Die Mini-AKW sollen kostengünstiger sein und auch flexibler als die alten, milliardenteuren AKW. Die konnten immer nur dieselbe Strommenge liefern – und das wäre kein Ausgleich zur drohenden „Dunkelflauten“.
Die SMR-Technologie steht allerdings erst am Anfang, muss dazu auch immer wieder herbe Rückschläge einstecken. Erst jetzt wurde das Hoffnungsträger-Projekt Nuscale in den USA begraben: Die Baukosten waren um 75 Prozent in die Höhe geschnellt – und der SMR-Strom hätte trotz hoher Subventionen das Doppelte von Solarstrom gekostet.
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