AfD verteilt "Abschiebetickets" für Flüchtlinge: Eine Aktion wie in den 1930ern

AfD verteilt "Abschiebetickets" für Flüchtlinge: Eine Aktion wie in den 1930ern
30.000 "Remigrations"-Fake-Tickets wurden in Karlsruhe verteilt, ausgerechnet in Alice Weidels Wahlkreis. Nun ermittelt die Kriminalpolizei.

Rechts oben steht groß "Abschiebeticket", daneben "One Way Economy", am unteren Ende klein: "Nur Remigration kann Deutschland noch retten". Am Flugschalter wird man damit nicht weit kommen, in den Köpfen der Betroffenen aber schon: Die AfD hat jetzt im Raum Karlsruhe Fake-Flugtickets für Flüchtlinge verteilt - Destination "sicheres Herkunftsland".

Bis zu 30.000 solcher Flyer hat der Kreisverband der Partei gedruckt, seit dem Wochenende kursieren sie in ganz Deutschland. Ob sie gezielt an Menschen mit Migrationshintergrund oder Asylwerber verteilt wurden, ist unklar: Einige nichtdeutsche Betroffene haben sie jedenfalls in ihren Briefkästen vorgefunden und das auf Social Media geteilt. In der AfD wiegelt man dazu ab: Man habe nicht gezielt nach ausländisch klingenden Namen an Briefkästen gesucht, so der Karlsruher Bundestagsabgeordnete Marc Bernhard.

Wie bei der NPD und den Nazis

Welche Folgen die Tickets haben werden, wird sich erst zeigen. Denn möglicherweise ist die Aktion strafrechtlich relevant, die Kriminalpolizei hat Ermittlungen wegen des Verdachts auf Volksverhetzung aufgenommen. Die Tickets sind keine neue Erfindung der AfD: Vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in die 1930er verteilten Antisemiten und Parteigänger der NSDAP gefälschte Zugtickets an Juden. Damals war auf den Tickets "Freifahrtkarte nach Jerusalem" zu lesen.

Auch die rechtsextreme NPD, gegen die ja bereits zwei Verbotsverfahren geführt wurden und die mittlerweile unter dem Namen "Die Heimat" firmiert, hat vor Jahren ähnliche Flyer verteilen lassen. Damals hatten die Aktionen aber keine rechtlichen Konsequenzen. Nicht mal, als die rechtsextreme Partei 2008 ein Plakat mit drei offenkundig muslimischen Menschen auf einem fliegenden Teppich affichierte, versehen mit den Worten "Guten Heimflug", fiel das unter Volksverhetzung. 

"Völlig legitim"

Was bleibt, ist die politische Aufregung quer durch alle Parteien - und die ist bekanntlich oft im Sinne der AfD. Ebenso die Arbeitsteilung: Der Kreisverband in Karlsruhe ist der, in dem AfD-Chefin Alice Weidel Direktkandidatin ist. In der Bundesspitze gibt man sich aber unwissend: Man trage für die Aktion keine Verantwortung, hieß es - das sei allein Sache der Karlsruher. 

Und dort ist man sicher, nichts Unrechtes getan zu haben. Der Karlsruher Kreisverband verweist dazu auf die Rückseite des Flyers. Dort würden "völlig legitime" Forderungen aufgestellt, die "gesetzeskonform" seien und sich ausschließlich auf Personen beziehen würden, die illegal in Deutschland sind. Zu lesen ist dort etwa, dass es einen humanitären Aufenthalt nur geben solle, solange ein Fluchtgrund bestehe.

Auf der Vorderseite allerdings finden sich einige Dinge, die laut Experten durchaus problematisch sein könnten. Neben dem Identitären-Wort "Remigration", unter dem eine Abschiebung aller Migranten zu verstehen ist, ist da auch die Abflugzeit 08-18. Das könnte die Öffnungszeiten der Wahllokale am "Flugtag" - dem Wahltag - widerspiegeln, wie die AfD sagt, aber auch als Anspielung auf Neonazi-Codes durchgehen. 1 steht für den ersten Buchstaben des Alphabets, 8 für den achten - die Kombination aus beiden bildet damit die Initialen von Adolf Hitler.

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