US-Proteste: New Yorker Polizeichef entschuldigt sich
Nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd im Zuge eines brutalen Polizeieinsatzes erhöhen Bürgerrechtler in den USA den Druck auf Präsident Donald Trump. Die Organisation ACLU verklagte seine Regierung vor einem Bundesgericht in Washington wegen des harten Vorgehens der Sicherheitskräfte gegen Teilnehmer einer Demonstration gegen Polizeigewalt und Rassismus vor dem Weißen Haus.
Bei einer bewegenden Trauerfeier für Floyd in Minneapolis kündigte unterdessen Bürgerrechtler Al Sharpton in Anlehnung an eine legendäre Kundgebung von Martin Luther King im Jahre 1963 zudem für 28. August einen neuen "Marsch auf Washington" an, um gegen Diskriminierung zu protestieren. Martin Luther King hatte damals mit den legendären Worten "I have a dream" (Ich habe einen Traum) die Gleichberechtigung von Schwarzen und Weißen eingefordert.
Bürgermeisterin stellt sich Trump entgegen
Die Bürgermeisterin Washingtons, Muriel Bowser, hat US-Präsident Donald Trump unterdessen zum Abzug des Militärs und anderer Sicherheitskräfte seiner Regierung von den Straßen der Hauptstadt aufgefordert. In dem am Freitag von Bowser veröffentlichten Brief an Trump hieß es, sie habe den Notstand wegen der Proteste nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd in Minneapolis aufgehoben.
Die Proteste in Washington verliefen inzwischen friedlich. Sie sei besorgt, dass Sicherheitskräfte des Bundes auf den Straßen der Hauptstadt ein Risiko darstellten, weil sich daran Proteste entzünden könnten.
Nach tagelangen Protesten gegen Rassismus und Polizeibrutalität hat sich New Yorks Polizeichef Dermot Shea für mögliches Fehlverhalten von Polizisten während der Aktionen entschuldigt. "Damit es Entspannung gibt, muss es Reue geben. Es tut mir leid. Manchmal fallen sogar die besten - und die NYPD ist die beste Polizeibehörde des Landes", sagte Shea in der Nacht auf Freitag Medienberichten zufolge.
"Für unseren Anteil am Mangel an Höflichkeit, an diskriminierenden Vorurteilen, übertriebener Gewalt, inakzeptabler Sprache und viele andere Fehler, wir sind Menschen. Es tut mir leid." Shea betonte aber auch, dass seine Polizisten während der Begleitung der Proteste immer wieder beleidigt und angegriffen würden und dass auch das aufhören müsse. "Tut es Euch auch leid?"
Van der Bellen zeigt Verständnis
Im ganzen Land gehen weiterhin Tausende Menschen auf die Straße, um für ein Ende von Polizeigewalt, Rassismus und anhaltender Ungleichheit zu demonstrieren. Auch in Wien versammelten sich am Donnerstagnachmittag laut Polizei rund 50.000 Menschen zu einer Anti-Rassismus-Demo. "Black lives matter!", "No justice, no peace!" und "I can't breathe" ertönte es am Platz der Menschenrechte lautstark.
Bundespräsident Alexander Van der Bellen zeigte Verständnis für friedliche Proteste gegen "strukturellen Rassismus und unverhältnismäßige Gewaltanwendung durch Sicherheitskräfte". Weiters rief er auf Twitter auf, weltweit "gemeinsam gegen Rassismus und Diskriminierung" aufzutreten sowie "Grund- und Freiheitsrechte" zu verteidigen, und forderte: "Hören wir rassistisch diskriminierten Menschen zu."
In der Klagschrift, die die ACLU am Donnerstag (Ortszeit) veröffentlichte, hieß es unterdessen, bei der angeordneten Räumung der Kundgebung vom Montag seien Tränengas und Gummigeschoße gegen Demonstranten eingesetzt worden, die friedlich gegen den Tod Floyds protestiert hätten. In einem Tweet hieß es mit Blick auf das Tränengas, der Einsatz einer chemischen Waffe stelle eine unmenschliche Verletzung von Grundrechten dar.
Sicherheitskräfte hatten die Demonstranten gewaltsam von dem Platz vor dem Weißen Haus weggedrängt. Trump war daraufhin mit einem Gefolge für einen Fototermin zu einer nahe gelegenen Kirche gegangen und hatte dort mit einer Bibel in der Hand für die Kameras posiert.
"Der beschämende, verfassungswidrige, unprovozierte und offen gesagt kriminelle Angriff des Präsidenten auf Demonstranten, weil er mit deren Ansichten nicht einverstanden war, erschüttert die Grundlage der verfassungsmäßigen Ordnung unserer Nation", sagte ein ACLU-Sprecher dem Sender CNN.
Eingereicht wurde die Klage von der American Civil Liberties Union (ACLU) sowie einzelnen Teilnehmern des Protests im Namen der Bewegung "Black Lives Matter". Auch Justizminister William Barr und Verteidigungsminister Mark Esper werden in der Klage genannt. Barr hatte den Einsatz am Donnerstag verteidigt. Die ACLU kündigte auch Klagen wegen des Einsatzes von Sicherheitskräften gegen Journalisten während der Demonstrationen an.
Kurz nach der Trauerfeier deaktivierte Twitter unterdessen das Video von Trump zu dessen Gedenken. Der US-Kurznachrichtendienst begründete den Schritt am Freitag mit Urheberrechtsbeschwerden, die eingereicht worden seien. Das Video besteht aus Fotos und Videosequenzen von Protestmärschen und Gewaltszenen - unterlegt mit Worten von Trump.
Am Samstag soll es in Raeford im US-Staat North Carolina noch eine weitere Trauerfeier für Floyd geben, am Dienstag soll er dann im texanischen Houston beigesetzt werden.
Floyd war am Montag vergangener Woche bei einer Festnahme in Minneapolis gestorben. Ein weißer Polizeibeamter hatte sein Knie fast neun Minuten lang in den Nacken des am Boden liegenden Floyd gedrückt - trotz aller Bitten des 46-Jährigen, ihn atmen zu lassen. Der Beamte und drei weitere beteiligte Polizisten wurden nach Bekanntwerden des Vorfalls entlassen. Sie wurden inzwischen festgenommen und angeklagt.
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