Brexit: Tauziehen, bis es reißt

Brexit: Tauziehen, bis es reißt
Noch immer keine Einigung zwischen EU und Großbritannien in Sicht. Heute, Montag, geht das Tauziehen weiter.

Die Unterhändler der Europäischen Union und Großbritanniens haben sich am Wochenende erneut nicht einigen können, wie die wirtschaftlichen Beziehungen ab 1. Jänner geregelt werden sollen. Heute, Montag, soll weiter verhandelt werden. 

Damit wird eine vom Europaparlament gesetzte Frist gerissen: Nur wenn ein fertiges Abkommen bis Sonntag, Mitternacht vorgelegen hätte, hätte es noch in einem sehr verkürzten Verfahren offiziell bestätigt werden können. Eine rechtzeitige Ratifizierung vor Jahresende geht sich nicht mehr aus, sagte der Brexit-Beauftragte David McAllister am Sonntagabend.

Die Verhandlungen über ein Handelsabkommen blieben schwierig.  "Leider gibt es noch immer nicht Klarheit, ob sich beide Seiten auf ein Abkommen verständigen können", sagte McAllister. "Daher kann es vor Ende des Jahres kein förmliches Zustimmungsverfahren im Europäischen Parlament geben." 

Nach wie vor bestehen beträchtliche Meinungsverschiedenheiten. "Die Teams haben den ganzen Tag verhandelt und dürften morgen weitermachen", sagte ein Insider.

Die Regierung in London suche intensiv nach Lösungen, die sich im Rahmen der britischen Prinzipien befänden.

EU-Verhandlungsführer Michel Barnier hatte zuvor nach einem weiteren Treffen mit seinem britischen Kollegen David Frost im Onlinedienst Twitter geschrieben, die EU wolle weiterhin ein faires und ausgewogenes Abkommen mit den Briten erreichen. "Wir respektieren die Souveränität des Vereinigten Königreichs. Und wir erwarten dasselbe", fügte der Franzose hinzu.

Schottlands Regierungschefin Nicola Sturgeon sprach sich für eine Verlängerung der Brexit-Übergangsphase aus. Es sei nun zwingend geboten, dass der britische Premierminister Boris Johnson die EU um eine Fristverlängerung bitte, teilte Sturgeon auf Twitter mit. Angesichts der Corona-Mutation befinde sich das Land in einer sehr ernsten Lage, die hundertprozentige Aufmerksamkeit erfordere. Im Ringen um den Brexit wollte Sturgeon ursprünglich im kommenden Jahr schnell ein neues Referendum über die Unabhängigkeit der britischen Provinz abhalten. Im Brexit-Referendum hat eine Mehrheit der Schotten für den Verbleib des Vereinigten Königreichs in der EU gestimmt.

In den Brexit-Verhandlungen hatte sich auch am Wochenende keine Einigung abgezeichnet. Großbritannien und die EU forderten zuletzt wiederholt Zugeständnisse von der anderen Seiten. Die Zeit für eine Einigung drängt. Denn ein Deal müsste noch rund um Weihnachten im Eilverfahren in diversen Parlamenten abgesegnet werden. Viele Fristen waren zuletzt ohne Ergebnis verstrichen.

Großbritannien war Ende Jänner offiziell aus der EU ausgetreten, der es seit 1973 angehört hatte. Am 31. Dezember endet die Übergangsphase, in der das Königreich noch EU-Regeln anwenden muss. Ohne ein Handelsabkommen rechnen Experten unter anderem mit höheren Zöllen auf viele Produkte sowie langen Wartezeiten an der Grenze. Zu den größten Streitpunkten gehören die künftigen Fischfangquoten in britischen Gewässern, was vor allem für Frankreich wichtig ist. Zudem gab es Unstimmigkeiten über Regeln zum fairen Wettbewerb und die Frage der Gerichtsbarkeit in Streitfragen.

Das Europaparlament hatte eine letzte Frist bis zum späten Sonntagabend gesetzt. Bis dahin müsse ein fertiger Handelsvertrag vorliegen, weil die Abgeordneten sonst nicht mehr ausreichend Zeit zur Prüfung hätten. In London hieß es hingegen, der einzige Stichtag sei der 31. Dezember.

Kommentare