Brexit-Debatte und Rücktrittsgerüchte: Neue Schicksalswoche für May

Theresa May will ihren Vertragsvorschlag erneut den Abgeordneten vorlegen
Neue Woche, altes Spiel. Nur dass Theresa May jetzt auch mit Rücktrittsgerüchten konfrontiert ist.

Schicksalswoche für den Brexit und Theresa May: Die britischen Abgeordneten wollen am Montagabend über das weitere Vorgehen im festgefahrenen Brexit-Streit debattieren. Bereits zweimal ist das zwischen Premierministerin Theresa May und Brüssel ausgehandelte Abkommen zum EU-Austritt im Unterhaus durchgefallen. Möglicherweise wird es am Dienstag einen neuen Anlauf geben.

Eine Mehrheit für den Deal ist nach Angaben von Finanzminister Philip Hammond aber auch dieses Mal nicht in Sicht. May hatte per Brief versucht, Druck auf ihre Abgeordneten auszuüben. Darin drohte sie, die dritte Abstimmung ausfallen zu lassen, wenn sich nicht ausreichend Unterstützung abzeichne. Dann müsse Großbritannien in Brüssel um einen weiteren Aufschub bitten, was aber eine Teilnahme an der Europawahl bedeuten würde.

Aufschub bis zum 22. Mai 

Die EU hatte Großbritannien eine Verschiebung des Brexits bis zum 22. Mai angeboten, wenn das Unterhaus nun dem Austrittsvertrag zustimmt. Andernfalls gilt die Verlängerung nur bis zum 12. April. In dem Fall soll London vor diesem Termin sagen, wie es weitergehen soll.

Noch am Sonntagnachmittag traf sich May zu gemeinsamen Brexit-Gesprächen unter anderem mit Vizepremier David Lidington, Umweltminister Michael Gove und Brexit-Hardlinern wie Boris Johnson und Jacob Rees-Mogg. Über die Ergebnisse der Gespräche teilte ein Regierungssprecher am Abend allerdings nichts mit.

Spekulationen um Rücktritt

Britische Medien hatten am Wochenende berichtet, dass May schon bald von ihrem Kabinett zum Rücktritt gezwungen werden könnte. Als mögliche Nachfolger seien Lidington und Gove im Gespräch, hieß es. Downing Street bezeichnete die Berichte als Spekulationen. Die Zeitung "The Sun" titelte am Montag: "Die Zeit ist um, Theresa". In dem Leitartikel auf der ersten Seite heißt es, der bereits zwei Mal im Unterhaus abgelehnte Brexit-Vertrag von May habe nur dann eine Chance, doch noch von den Abgeordneten genehmigt zu werden, wenn die Regierungschefin auch ein Datum für ihren Rückzug nenne.

Die Parlamentarier haben bei der Brexit-Debatte am Montag wieder die Möglichkeit, Änderungsanträge zur Beschlussvorlage einzubringen. Sie können so der Regierung eine Richtung vorgeben. Bindend wäre dieser Beschluss aber nicht. Es gilt jedoch als wahrscheinlich, dass auch ein erneuter Versuch gemacht wird, der Regierung die Kontrolle über den Parlamentskalender zu entreißen. Dann könnten die Abgeordneten per Gesetzgebung rechtlich-verbindliche Entscheidungen herbeiführen.

Einfach erklärt: Woran es beim Brexit hakt

FILE PHOTO: Speaker of the House John Bercow speaks in Parliament, in London

Parlamentspräsident John Bercow.

Neue Abstimmung Mittwoch oder Donnerstag

May-Getreue könnten versuchen, die Abstimmung am späten Abend dazu zu nutzen, eine Entscheidung von Parlamentspräsident John Bercow außer Kraft zu setzen, wonach das Brexit-Abkommen nicht ohne substanzielle Änderungen erneut zur Abstimmung gestellt werden darf. Bercow hatte sich dabei auf eine 415 Jahre alte Regel berufen.

Für Mittwoch oder Donnerstag könnte im Parlament die Entscheidung über die Streichung des 29. März als Austrittsdatum angesetzt werden.

Der Spitzenkandidat der EVP für die Europa-Wahl, Manfred Weber, fordert die britischen Abgeordneten indes zur Annahme des vorliegenden Brexit-Austrittsabkommens auf. Die Briten müssten "endlich verstehen, dass die Zeit abläuft", sagt Weber der "Funke Mediengruppe" laut Vorabbericht. "Ein harter Brexit, den in den anderen EU-Staaten niemand will, wird von Tag zu Tag wahrscheinlicher." Weber lege der Regierung in London eine zweite Volksabstimmung nahe, hieß es zudem: "Sollte das britische Unterhaus nicht schaffen, einen Weg zu beschreiben, dann bleibt als Ausweg nur ein zweites Referendum."

Primosch (ORF) zu den Brexit-Demonstrationen

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