Rücktrittsgerüchte: Krisentreffen auf Theresa Mays Landsitz

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Turbulentes Wochenende für die Premierministerin. Nach Putschgerüchten aus der eigenen Partei berief sie Krisentreffen ein

Eigentlich hatte Theresa May für die vergangenen Tage einen ganz klaren Plan. Die Premierministerin wollte ihren umstrittenen Austrittsvertrag mit der EU noch einmal dem britischen Parlament vorlegen – um das erfolgreich über die Bühne zu bringen, musste sie aber das Unmögliche schaffen: eine Mehrheit der Abgeordneten schon im Vorhinein überzeugen, für ihr Papier zu stimmen.

Doch dann kam es am Wochenende ganz anders. Hinter Mays Rücken sollen in ihrer eigenen Partei bereits Pläne ohne sie geschmiedet worden sein. Wie  mehrere britischen Medien berichteten, sollen sich  Regierungsmitglieder zu einer Verschwörung gegen die Premierministerin zusammengeschlossen haben. 

Möglicher Nachfolger

Die Sunday Times etwa berief sich auf Regierungskreise in ihrem Bericht über elf Kabinettsmitglieder, die  ihre Regierungschefin zum Rücktritt zwingen wollten.  Darunter der stellvertretende Tory-Chef David Lidington.

Den Berichten zufolge solle die Gruppe planen, Lidington als interimistischen Premier einzusetzen und einen neuen Austrittsplan zu entwerfen. Im Herbst sollte laut den Berichten schließlich ein neuer Premierminister für Großbritannien gewählt werden.

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David Lidington ist derzeit Mays Stellvertreter

Lidington dementierte am Sonntag gegenüber britischen Medien. Er stehe „hundertprozentig hinter der Premierministerin“, sagte der Tory-Mann, der sich stets für einen Verbleib Großbritanniens in der EU ausgesprochen hatte.

Schatzkanzler Philipp Hammond sagte gegenüber Sky News, er könne den Frust der Abgeordneten zwar nachvollziehen, ein Wechsel an der Regierungsspitze würde aber nicht helfen. Hammond sagte am Wochenende allerdings auch, dass der May-Deal wohl wieder nicht angenommen würde, die Konservativen „sehr frustriert“ seien und endlich „einen Weg nach vorne“ finden wollten.

Allen Dementis zum Trotz war schließlich  in der Partei der Regierungschefin Krisenstimmung angesagt.  Mehrere hohe Parteimitglieder, darunter angeblich auch die großen Kritiker Mays, rund um Boris Johnson, sollen laut Medienberichten auf dem Landsitz Mays in Chequers eingetroffen sein.

Die Premierministerin war insbesondere unter Druck geraten, als sie vor einigen Tagen in einer Rede  das Londoner Unterhaus für das Brexit-Chaos verantwortlich machte. Die Ablehnung für ihren Austrittsvertrag habe Großbritannien noch weiter in die Ungewissheit getrieben. So oder so – für viele britische Parlamentarier, auch aus Mays Partei, sind die Tage der Premierministerin bald gezählt.

Folgende Optionen waren zu dem Zeitpunkt des Tory-Krisentreffens noch auf dem Tisch:
Annahme von Mays Abkommen in der dritten Abstimmung (inklusive oder exklusive Zollunion), Austritt ohne Deal (harter Brexit), Rücknahme des Artikel 50 (Absage des Brexit), ein neues Referendum. Die beiden letzteren sind – auch wenn von Millionen Briten  gefordert – immer noch relativ unwahrscheinlich.
KKS

 

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