Johnson: "Nicht notwendig, dass wir die EU-Regeln übernehmen"

Jetzt beginnt der echte Brexit: Die EU und London schlagen die Pflöcke für ihre künftige Kooperation ein - sie liegen weit auseinander.

Frisch Geschiedene trennt meist ein tiefer Graben, wenn es darum geht, die Beziehungen neu zu ordnen. Das ist zwischen der EU und Großbritannien nicht anders. Drei Tage nach dem politischen Brexit schlugen am Montag sowohl der britische Premier Boris Johnson als auch für die EU Chefverhandler Michel Barnier ihre Verhandlungspflöcke ein. Nun läuft der wirtschaftliche Brexit an, tatsächlich verhandelt wird ab März. Die Vorstellungen, wie sich EU und London bis Jahresende auf ein umfassendes Partnerschaftsabkommen einigen wollen, liegen noch weit auseinander. Einigt man sich nicht, steht ein altes Schreckgespenst vor der Tür – ein harter Brexit.

Position der EU:

„Ein sehr ehrgeiziges Handelsabkommen als zentrale Säule der künftigen Partnerschaft mit London“ – dieses Angebot der EU legte gestern Michel Barnier in Brüssel vor. „Keine Quoten, keine Zölle und kein Dumping“ solle es zwischen EU und Großbritannien geben. Aber nur unter Bedingungen: Das Vereinigte Königreich muss sich an die gemeinsamen Wettbewerbsregeln der EU halten. Denn oberstes Prinzip der EU ist es, den Binnenmarkt intakt zu halten.

Mit Großbritannien darf kein Konkurrent entstehen, der zwar Zugang zum EU-Markt erhält aber die gemeinsamen, hohen Standards unterläuft. „Dann würden wir Großbritannien mehr Macht geben als jedem EU-Staat. Das wäre wirtschaftlich und politisch absurd“, empört sich der einflussreiche und Frankreichs Präsident Macron nahe stehende EU-Abgeordnete Pascal Canfin.

Ob bei Klimapolitik, Steuern oder Staatsbeihilfen muss sich London an die EU-Standards halten – und das nicht nur an die jetzt geltenden, sondern auch die künftigen. Sollte etwa die EU einen europaweiten -Preis einführen, müsste Großbritannien dabei nachziehen.

Weitere Forderung Brüssels: Bis Juli will die EU das heikle Thema Fischerei klären. Es soll mit dem geplanten Handelsabkommen verknüpft werden. Fischer vom Kontinent holen derzeit etwa vier Mal so viel Fisch aus britischen Gewässern wie britische Fischer aus den Gewässern der EU-27. Daran soll sich möglichst wenig ändern.

Position des Vereinigten Königreiches:

Premier Johnson fährt dagegen gleich eine harte Linie gegen die Forderungen der EU. Seine Kernbotschaft: Großbritannien soll genau aus jenen Regeln herausgeführt werden. „Es ist nicht notwendig, dass das Vereinigte Königreich die EU-Regeln für den Wettbewerb, für staatliche Subventionen, den sozialen Schutz oder die Umwelt übernimmt“, sagte Johnson. Großbritannien wolle ohnehin die „höchsten Standards, aber ohne „den Zwang eines Vertrages“ mit der EU.

Auch bei der Fischerei schaltet Johnson vorerst noch auf hart. Und wo es aus Sicht Londons überhaupt keinen Verhandlungsspielraum gibt, ist der Europäische Gerichtshof. Die Rechtsprechung der EuGH ist aus britischer Sicht von nun an Geschichte.

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