US-Präsident Biden reiste erstmals an Südgrenze der USA

US-Präsident Joe Biden
An die Grenze ist der US-Präsident seit seinem Amtsantritt nicht gereist - bis jetzt. In El Paso erntet er Kritik in Briefform.

Überschattet von tiefen politischen Spannungen ist US-Präsident Joe Biden erstmals seit Beginn seiner Amtszeit an die Südgrenze der USA im Bundesstaat Texas gereist. Biden traf bei seinem mehrstündigen Besuch am Sonntag in der Stadt El Paso Grenzbeamte und ging entlang der Grenzmauer zu Mexiko. Der Demokrat wurde zuvor am Flughafen der Grenzstadt kühl von dem texanischen Gouverneur Greg Abbott empfangen.

Der Republikaner überreichte Biden einen Brief, in dem er der Regierung schwere Vorwürfe machte. Der Besuch komme zwei Jahre zu spät, Bidens "Versagen" sei für das "Chaos" an der Grenze verantwortlich. El Paso hatte sich zuletzt zu einem Schwerpunkt der Migration in die USA entwickelt - im Dezember hatte sich die Situation dramatisch zugespitzt.

Brief an Biden veröffentlicht

Abbott machte den Brief, den er Biden überreicht hatte, direkt im Anschluss öffentlich. "Ihre Politik der offenen Grenzen hat die Kartelle ermutigt, die durch den Handel mit tödlichem Fentanyl und sogar mit Menschen reich werden", heißt es darin weiter. Die USA erlebten "die schlimmste illegale Einwanderung" in der Geschichte des Landes. Die Texaner würden dafür einen besonders hohen Preis zahlen. In El Paso seien die Migrantencamps für Bidens Besuch extra geräumt worden, so Abbott.

Trumps Grenzmauer zu Mexiko

Der Republikaner forderte, dass der Weiterbau der Grenzmauer in Texas unverzüglich wieder aufgenommen werden müsse. Biden hatte als eine seiner ersten Amtshandlungen das Herzensanliegen seines republikanischen Vorgängers Donald Trump stillgelegt. Die Mauer ist mit ihren hohen, metallenen Stelen genau genommen auch eher ein Zaun als eine Mauer.

Biden wird von den Republikanern wegen der Situation an der Grenze immer wieder scharf angegriffen. Republikanische Gouverneure verschiedener Bundesstaaten im Süden der USA - darunter auch Abbott - hatten im vergangenen Jahr wiederholt Reisebusse voller Migranten in demokratisch regierte Bundesstaaten wie New York oder in die Hauptstadt Washington geschickt, um Biden unter Druck zu setzen. Das Weiße Haus verglich die Gouverneure daraufhin mit Schmugglern.

Biden besuchte in El Paso nun einen Übergang an der Grenze zwischen den USA und Mexiko. Außerdem ließ er sich von Grenzbeamten zeigen, wie diese Fahrzeuge durchsuchen. Er machte sich ein Bild von einer Einrichtung, in der sich Hilfsorganisationen um ankommende Migranten kümmern. Der mitreisenden Presse zufolge haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort deutlich gemacht, dass sie mehr finanzielle Unterstützung benötigten. Demnach kam Biden bei seinem Trip nicht mit Migranten zusammen, um sich mit ihnen auszutauschen.

Woher die Migranten kommen

Mit der hohen Zahl an Migranten sind sowohl die örtlichen Behörden als auch die Hilfsorganisationen vor Ort überfordert. In El Paso gibt es nicht genügend Unterkünfte für die Menschen. An der Grenze zwischen den USA und Mexiko registrierte die US-Grenzschutzbehörde zwischen Oktober 2021 und Oktober 2022 mehr als zwei Millionen Versuche von Menschen, in die USA zu gelangen. Dabei wächst den Statistiken zufolge die Zahl der Migranten, die nicht aus Mexiko, Guatemala, Honduras und El Salvador stammen. Immer mehr Menschen kommen aus Kuba, Kolumbien, Nicaragua und Venezuela.

Tausende Migranten harren derzeit an der Grenze zu den USA aus und hoffen auf eine Gelegenheit, in das Land zu gelangen. Der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten hatte zuletzt entschieden, die umstrittene Richtlinie Title 42 vorerst in Kraft zu lassen. Die Regelung sieht vor, dass die meisten Migranten ohne Papiere an der Grenze sofort abgewiesen werden, ohne auch nur einen Asylantrag stellen zu können. Damit sollte zunächst die Ausbreitung der Corona-Pandemie eingedämmt werden. Mittlerweile fürchten Politiker und Behörden in den USA aber wohl vor allem eine stark zunehmende Migration, wenn die Richtlinie kassiert wird.

Angesichts der dramatischen Lage und der anhaltenden Kritik hatte Biden zuletzt einen neuen Anlauf gestartet, um die illegale Einwanderung in die USA einzudämmen und neue Regelungen verkündet. Demnach sollen unter bestimmten Voraussetzungen bis zu 30 000 Migranten pro Monat aus Venezuela, Nicaragua, Kuba und Haiti legal in die USA einreisen. Im Gegenzug sollen 30 000 illegale Einwanderer pro Monat aus diesen Ländern nach Mexiko abgeschoben werden.

Nordamerika-Gipfel

Biden reiste am Sonntag weiter nach Mexiko. Dort will er am Dienstag anlässlich des jährlichen Nordamerika-Gipfels mit dem mexikanischen Staatschef Andrés Manuel López Obrador und dem kanadischen Premierminister Justin Trudeau zusammenkommen. An diesem Montag ist bereits ein bilaterales Treffen zwischen Biden und López Obrador geplant, am Mittwoch wiederum ein Gespräch zwischen Trudeau und López Obrador.

Bei dem Gipfel soll es nach Angaben der mexikanischen Regierung um Sicherheit, Umwelt, Gesundheit, Diversität und Wettbewerbsfähigkeit gehen. Wichtigstes Thema dürfte allerdings die Migration sein. Der mexikanische Präsident unterstützte den neuen US-Vorstoß. Er eröffne den Migranten die Chance auf eine legale Einreise in die USA und verhindere so die häufig gefährliche Reise durch Mexiko und den illegalen Grenzübertritt. Migranten werden in Mexiko immer wieder Opfer krimineller Organisationen, die sie entführen, ausrauben oder vergewaltigen.

Mexiko will bei dem Gipfel einen Vorschlag für eine "Allianz für den Wohlstand der Völker Amerikas" unterbreiten, wie Außenminister Marcelo Ebrard mitteilte. Ziel sei es, die Armut in der Region zu bekämpfen und den Wohlstand gerechter zu verteilen. Es dürfte vor allem darum gegen, die Ursachen von Migration zu bekämpfen. Ein ähnliches Programm hatte die US-Regierung bereits beim Amerika-Gipfel im vergangenen Jahr mit der "Amerikanischen Partnerschaft für wirtschaftlichen Wohlstand" vorgelegt. Darüber sollen Lieferketten gestärkt, Investitionen vereinfacht und Jobs im Bereich der erneuerbaren Energien geschaffen werden.

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