Weltbank-Vize über Klimaschutz: "Große Frustration unter Entwicklungsländern"

Weltbank-Vize über Klimaschutz: "Große Frustration unter Entwicklungsländern"
Axel van Trotsenburg ist die Nummer zwei der Weltbank - und hat einen österreichischen Pass. Ein Gespräch darüber, warum die Armut wieder steigt, wie der Westen Klimaschutz auf Kosten der Entwicklungsländer betreibt - und wieso China noch immer Weltbank-Kredite bekommt.

KURIER: Eines der Grundprinzipien der Weltbank ist eine Welt frei von Armut. In den vergangenen Jahren steigt die Zahl der Armen in der Welt wieder. Was ist da falsch gelaufen? 

Axel van Trotsenburg: Der längere Trend ist eindeutig: Die extreme Armut ist gesunken – in den 1960er waren mehr als 60 Prozent der Weltbevölkerung extrem arm, in den 1990er Jahren nur mehr ein Drittel.

Jetzt sind es etwas weniger als neun Prozent. Das ist immer noch zu viel - unser Ziel wäre, bis 2030 unter drei Prozent zu sein. Das werden wir aber nicht schaffen. Das hat hauptsächlich mit der Corona-Pandemie zu tun, da fand eine Trendumkehr statt. Dazu steigt die Zahl der fragilen Staaten, in denen sich die extreme Armut zunehmend konzentriert: Bis 2030 werden weit über 50 Prozent der extrem Armen in diesen Ländern wohnen.

Ist das nicht ein Kreislauf: Je mehr Armut es durch globale Prozesse gibt, desto fragiler und instabiler werden Staaten?

Ja, durchaus. Aber es kann auch in die andere Richtung gehen. In den 1960er Jahren war die Perspektive für Asien extrem düster - Korea war nach Ende des Krieges ärmer als Ghana, jetzt ist es ein High-Income-Land. In China lebten Ende der 1970er Jahre mehr als 80 Prozent der Bevölkerung in extremer Armut, jetzt praktisch kaum jemand mehr.

Das zweite definierte Ziel der Weltbank ist ein „lebenswerter Planet“ – also Klimaschutz. Jetzt wächst aber in jenen Ländern, die an Wohlstand gewinnen, auch der ökologische Fußabdruck massiv. Widersprechen sich Armutsbekämpfung und Klimaschutz da nicht? 

Das müssen sich auch die Industrieländer fragen! Reiche Staaten haben die Reduktion ihres eigenen Fußabdrucks durch Billigimporte aus genau diesen Ländern erkauft, auch dessen muss man sich bewusst sein.

Kommentare