Experte über AKW Krško: "Grob verharmlosender Prüfungsbericht"
Die Atomkraft in Europa scheint dieser Tage wieder auf dem Vormarsch zu sein: Entweder wird über neue Atomkraftwerke nachgedacht oder die Laufzeiten bereits bestehender werden verlängert, wie etwa jenes in Krško in Slowenien. Das dortige Umweltministerium hat am Montag verkündet, die Laufzeit der Anlage bis 2043 zu verlängern.
Die österreichische Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) hat dafür wenig Verständnis, so auch Umweltschützer. Denn der 41 Jahre alte Reaktor steht auf einer Erdbebenlinie und ist laut Atomkraftexperte Reinhard Uhrig von der NGO Global 2000 das am stärksten erdbebengefährdete Atomkraftwerk Europa. Er fordere eine Abschaltung, sagte er am Dienstag im Ö1-Morgenjournal. Aufgrund von EU-Tests identifizierte Probleme seien seit der Nuklearkatastrophe von Fukushima 2011 bis heute nicht behoben worden: "Notwendige Sicherheits-Upgrades wurden aus Kostengründen einfach gestrichen", so Uhrig.
"19 Jahre alte Daten zu Erdbebenrisiko"
Das Umweltministerium sagt, das AKW sei generalüberholt worden und erfülle alle EU-Kriterien. Zusammen mit slowenischen Partnern habe Global 2000 eine grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung erkämpft: "Der slowenische Betreiberkonzern wollte die Laufzeit einfach mit einem Federstrich verlängern", so Uhrig. Was dann vorgelegt worden sei? "925 Seiten eines grob verharmlosenden Berichts, in dem Daten zum Erdbebenrisiko bis zu 19 Jahre alt sind." So sei etwa behauptet worden, dass selbst ein Super-GAU keine grenzüberschreitenden Auswirkungen hätte. Die Prüfung, an der auch Österreich beteiligt gewesen ist, sei daher "leider grob mangelhaft". Global 2000 werde zusammen mit slowenischen Partnerorganisationen bei den Behörden der Vereinten Nationen Einspruch dagegen einlegen.
Uhrig hofft, mit einer erneuten Prüfung eine Abschaltung des AKWs zu erreichen: "Eine adäquate Aufrüstung des Reaktors würde Hunderte Millionen Euro verschlingen." In ähnlichen Fällen - etwa in der Schweiz oder Schweden - hätten Atomaufsichten eine solche verlangt. Das habe dann dazu geführt, dass die Betreibergesellschaften lieber in erneuerbare Energien inverstierten anstatt die alten und unzuverlässigen AKWs zu behalten.
Rein nationale Entscheidung
Die österreichische Regierung könne wenig tun: "Das große Problem der Atomkraft ist, dass die Atomaufsicht rein national passiert", sagt Uhrig. Er fordere daher eine Reform dieser Aufsichte: "Es muss einen transnationalen Überwachungsauftrag, z.B. an die EU oder die Internationale Atomenergiebehörde (IAEO), geben." Die Bundesregierung könne aber mit ihren slownischen Partnern reden: "Die haben ja auch kein Interesse daran, halb Europa zu verstrahlen."
Für aussichtslos hält Uhrig den Kampf gegen die Atomkraft in Europa nicht. Schließlich gibt es mittlerweile mehr Staaten in Europa, die keine AKWs haben als schon. Noch 13 Staaten sind es, von denen einige aber planen, auszusteigen. Laut Uhrig eine logische Konsequenz des Umstandes, dass die Atomkraft mittlerweile die teuerste Form ist, Strom zu erzeugen. Ein Neubau sei zweieinhalb mal so teuer wie der Bau von Windkraft- und Solaranlagen. Die Wiedereinstiegs-Ankündigungen, die jetzt in manchen Ländern in den letzten Jahren gekommen seien, fänden vor allem auf dem Papier statt: "Die tatsächlichen Neubau-Projekte sind sehr wenige."
Auch aus Gründen der Energieversorungs-Sicherheit sei es am sinnvollsten, den Reaktor in Krško einzustellen. Im letzten Jahr hätten vor allem die französischen Atomkraftwerke den Stromsektor in ganz Europa in eine tiefe Krise gestürzt. 17 Prozent weniger Stromerzeugung aus Atomkraft habe es in Europa deshalb gegeben." Es zeige sich ganz klar: "Je älter diese Anlagen werden, desto störanfälliger werden sie." Auch in Krško werde das passieren.
Kommentare