Asylstreit: Schweigen nach Spitzentreffen der deutschen Koalition

Asylstreit: Schweigen nach Spitzentreffen der deutschen Koalition
Merkel steht unter großem Druck. Über Ergebnisse der nächtlichen Beratungen zunächst nichts bekannt.

Die Große Koalition in Deutschland ringt angesichts des Asylstreits in der Union um Handlungsfähigkeit. Nach einem knapp vierstündigen Spitzentreffen im Kanzleramt gingen die Partei- und Fraktionschefs am frühen Mittwochmorgen auseinander.

Über Ergebnisse der Beratungen wurde zunächst nichts bekannt. Auch eine gemeinsame Erklärung, wie sie nach früheren Spitzentreffen veröffentlicht worden war, sollte es nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur zunächst nicht geben.

Bei dem Treffen ging es neben dem erbitterten Asylstreit innerhalb der Union auch um das geplante Baukindergeld. Zuvor hatten sich im Asylstreit der Unionsparteien führende Politiker von CDU und CSU demonstrativ um eine Entspannung des heftigen Konflikts bemüht. In der Sache aber blieben beide Seiten hart. Ein Weg zu einer Kompromisslösung war weiter nicht erkennbar.

Bei dem Spitzentreffen in Berlin erschienen für die CDU Kanzlerin Angela Merkel, Unions-Fraktionschef Volker Kauder sowie Kanzleramtschef Helge Braun, für die CSU Innenminister und Parteichef Horst Seehofer sowie Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Für die SPD nahmen Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles sowie Vizekanzler und Finanzminister Olaf Scholz an der Runde teil.

Seehofer machte am Dienstag deutlich, dass er vom Fortbestand der Großen Koalition ausgeht. Wenn Politiker und Medien glaubten, das Bündnis fliege bald auseinander, so sei das "weltfremd", sagte der CSU-Vorsitzende "Focus Online". CSU-Landesgruppenchef Dobrindt betonte: " CDU und CSU sind eine Schicksalsgemeinschaft." Unionsfraktionschef Kauder sagte: "Dass wir heute so gut dastehen, hat auch mit 70 Jahren erfolgreicher Politik von CDU und CSU zu tun. Und das wollen wir auch in Zukunft so beibehalten."

CDU und CSU müssen einen gemeinsamen Weg finden, sonst wird es für beide Seiten nur Verlierer geben.

von Manfred Weber, CSU-Vizevorsitzende

Der CSU-Vizevorsitzende Manfred Weber rief die Unionsparteien auf, ihren Streit um die Flüchtlingspolitik beizulegen. "CDU und CSU müssen einen gemeinsamen Weg finden, sonst wird es für beide Seiten nur Verlierer geben", sagte Weber der "Welt" (Mittwochsausgabe). "Es gibt keine bessere Lösung als die Aufstellung, die CDU und CSU heute haben. Alle Spekulationen über ein getrenntes Vorgehen der beiden Parteien sind geschichtsvergessen."

Merkel steht unter großem Druck. Hintergrund des Asylstreits ist Seehofers Ankündigung, Asylbewerber, die bereits in einem anderen EU-Land registriert wurden, vom 1. Juli an der deutschen Grenze abzuweisen. Merkel ist gegen diesen "nationalen Alleingang". Sie möchte auf dem EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag für eine "europäische Lösung" in der Flüchtlingspolitik werben. Seehofer würde nach eigenen Worten auf die Zurückweisungen an der Grenze verzichten, wenn Merkel auf EU-Ebene eine Vereinbarung erzielen sollte, die den gleichen Effekt hätte wie die von ihm geplante Maßnahme.

Merkel rechnet beim EU-Gipfel in Brüssel noch nicht mit einer umfassenden Vereinbarung zu einem gemeinsamen europäischen Asylpaket. Zwei von sieben EU-Richtlinien, die für eine grundlegende Reform des europäischen Asylsystems geändert werden müssten, seien noch offen, sagte Merkel nach einem Treffen mit dem neuen spanischen Regierungschef Pedro Sanchez in Berlin. Dazu gehörten die Asylverfahrensrichtlinie und eine Reform der Dublin-Regeln, nach denen die Zuständigkeit für einzelne Asylbewerber in der EU festgelegt wird. "Da wird noch ein wenig Zeit notwendig sein." Deshalb plädierte Merkel erneut für bilaterale Abkommen einzelner EU-Staaten mit Herkunfts- und Transitländern.

SPD-Chefin "Streit lähmt gesamte politische Arbeit"

SPD-Chefin Nahles warf der Union eine Blockade der Regierungsarbeit wegen des erbitterten Asylstreits vor. "Der Streit in der CDU/CSU lähmt die gesamte politische Arbeit", sagte sie am Dienstag.

Beim Baukindergeld macht die Unionsfraktion Front gegen geplante Einschränkungen. Sie lehnte eine Begrenzung der Leistung auf kleinere Immobilien ab. "Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird Flächenbegrenzungen nicht mitmachen", sagte Unionsfraktionschef Kauder am Dienstag. Die SPD-Spitze machte deutlich, dass sie eine mögliche Ausweitung des geplanten Baukindergeldes nicht mitträgt. Für das Baukindergeld sowie Maßnahmen zur energetischen Gebäudesanierung und Sonderabschreibungen bei Renovierungen stünden bis 2021 insgesamt zwei Milliarden Euro zur Verfügung, sagte Nahles.

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