Für die Unabhängigkeitsbefürworter der Inselgruppe ist dies ein Affront, vor allem das indigene Volk der Kanaken – mehr als 40 Prozent der etwa 300.000 Einwohner – geht auf die Barrikaden. Auf einigen Videos und Fotos sind aserbaidschanische Flaggen zu sehen und tatsächlich machen französische Politiker Aserbaidschan für die Befeuerung der Aufstände verantwortlich. Doch welche Interessen sollte der Kaukasus-Staat an der pazifischen Inselgruppe haben?
Auge um Auge
Die Wurzeln der jüngsten Verstimmungen zwischen Paris und Baku liegen im Bergkarabach-Konflikt. Seit Aserbaidschan die Region vergangenen Herbst erobert hatte, unterstützt Frankreich Armenien massiv, hat einige Abkommen mit der armenischen Regierung geschlossen und will Waffen liefern, um die armenischen Streitkräfte gegen Aserbaidschan zu stärken.
Als der französische Präsident Emmanuel Macron im August vergangenen Jahres die Souveränität Armeniens eintrat, verwiesen regierungsnahe aserbaidschanische Medien empört auf die „Kolonialisierung Neukaledoniens, Korsikas“ und anderer Gebiete Frankreichs. Zu diesem Zeitpunkt hatte Baku bereits führende Köpfe der Unabhängigkeitsbewegungen aus Martinique, Guyana, Neukaledonien und Französisch-Polynesien nach Baku eingeladen. Die „Baku-Initiativgruppe“, seit Oktober vergangenen Jahres auf sozialen Medien aktiv, wirbt damit, „das gegenseitige Interesse und die internationale Zusammenarbeit im Rahmen internationaler Normen und Grundsätze“ zu fördern.
Vor allem widmet sie sich den französischen Überseegebieten (sowie Korsika) und deren „Entkolonialisierung“. Es ist stark anzunehmen, dass Aserbaidschan mit relativ geringem Aufwand die Übersee-Politik Frankreichs stört und überall, wo gegen Paris protestiert wird, auf diesen Zug aufspringt. Gleichzeitig gilt Aserbaidschan für die Europäische Union als "verlässlicher Partner".
Wichtiger Rohstoff
Viel ausschlaggebender für die Proteste dürfte jedoch ein wichtiger Rohstoff sein, der in Massen auf Neukaledonien zu finden ist: Nickel.
Für die Stahlproduktion und die Herstellung von Lithium-Ionen-Akkus ist das Metall essenziell. Neukaledonien ist zwar der viertgrößte Nickelproduzent der Welt, allerdings hat Weltmarktführer Indonesien mit chinesischer Unterstützung einen Weg gefunden, hochwertiges Nickel günstiger und effizienter zu gewinnen, weswegen die Preise für das strategisch wichtige Metall gefallen sind. Einige Unternehmen in Neukaledonien standen und stehen vor dem Kollaps – das gefährdet viele Arbeitsplätze im Land.
Bisher gingen drei Referenden über die Unabhängigkeit Neukaledoniens zuungunsten der Unabhängigkeitsbefürworter aus.
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