Armenien setzt auf seinen Hoffnungsträger Paschinjan

An einem Sieg Paschinjans zweifelte am Wahltag niemand. Umfragen sehen seine Bewegung "Mein Schritt" bei 70 Prozent.

Ein armes Land voller Hoffnungen und Euphorie: Armenien hat gut ein halbes Jahr nach den friedlichen Protesten ein neues Parlament gewählt. "Wir haben unser Ziel bereits erreicht. Dies sind wirklich freie, transparente und demokratische Wahlen", sagte Ministerpräsident Nikol Paschinjan am Sonntag vor einem Wahllokal in der Hauptstadt Eriwan.

Hauptziel sei gewesen, Demokratie in der Ex-Sowjetrepublik zu erreichen. "Das ist uns gelungen." Experten warnen jedoch, sollte der Regierungschef seine versprochenen Reformen nicht umsetzen, könnte es erneut Proteste geben.

"Mein Schritt" bei 70 Prozent

An einem Sieg Paschinjans zweifelte am Wahltag niemand. Umfragen sehen seine Bewegung "Mein Schritt" bei 70 Prozent. Wie die etwa 2,5 Millionen Wahlberechtigten abgestimmt haben, soll in der Nacht auf Montag vorliegen. Der Regierungschef hatte Mitte Oktober seinen Rücktritt eingereicht und so den Weg für die Wahl geebnet. Der 43-Jährige will damit mehr Macht im Parlament bekommen. Bisher haben dort die Republikaner in der Opposition die Mehrheit.

Der in der Bevölkerung überaus beliebte Ministerpräsident und frühere Journalist hatte im Frühjahr die wochenlangen Straßenproteste gegen Korruption und Günstlingswirtschaft in Armenien angeführt. Durch die sogenannte Samtene Revolution war er im Mai an die Macht gekommen. Nun verspricht er ein besseres Armenien, will die Wirtschaft ankurbeln und gegen korrupte Strukturen vorgehen.

Kampf um die Opposition

"Wir haben eine neue politische Lage im Land", analysierte Experte Poghosjan. Es gebe eine "wirklich starke Partei". Jeder wisse, dass Paschinjans Bewegung die Mehrheit im Parlament gewinnen werde. Mit Blick auf die anderen zehn Parteien und Wahlblöcke, die kandidierten, sagte er: "Normalerweise kämpfen die Parteien um die Macht, diesmal kämpfen sie darum, in die Opposition zu kommen." Erstmals habe es eine Fernsehdebatte zwischen den Kandidaten gegeben.

Die Opposition warf dem Regierungschef dagegen einen schmutzigen Wahlkampf vor. Armen Aschotjan von den Republikanern sagte der dpa, seine Partei sei schikaniert worden. "Paschinjan ist ein Populist." Diese Wahl sei bereits im Vorfeld nicht fair gewesen. "Schon vorher stand fest, dass Paschinjans Partei gewinnen wird, weil sie die Wahl in einer post-revolutionären Euphorie abgehalten hat." Aschotjan sprach von einer Hetzkampagne, mit der ein Einzug der Republikaner in Parlament verhindert werden sollte. "Regierungen sollten aber kontrolliert werden können."

Wahlkampf im Internet

Neu für Armenien war auch, dass der Wahlkampf auch im Internet stattfand. Mehr als eine halbe Million Menschen folgen Paschinjan auf Facebook. Kurz vor der Wahl trat er live vor die Kamera, nicht im Fernsehen, sondern in den sozialen Netzwerken. In wenigen Minuten wuchs die Zahl der Nutzer rasant an.

Das kleine und arme Armenien mit knapp drei Millionen Einwohnern liegt im Südkaukasus und ist in politisch schwieriger Lage. Es ist mit den Nachbarn Aserbaidschan und Türkei verfeindet und deshalb auf ein Bündnis mit Russland angewiesen. Paschinjan will an der Zusammenarbeit sowohl mit Russland als auch mit der EU festhalten.

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