Anti-Regierungs-Proteste in Georgien: Mehr als 60 Festnahmen
Die Polizei im EU-Kandidatenland Georgien hat 63 Teilnehmer an Massenprotesten gegen die Regierung festgenommen. Das sagte Vize-Innenminister Alexander Darachwelidse am Mittwoch in Tiflis.
In der Nacht waren die Sicherheitskräfte mit Tränengas, Wasserwerfern und Schlagstöcken gegen die Zehntausende Menschen zählende Menge vorgegangen. Deren Protest richtet sich seit Wochen gegen Pläne, den angeblichen ausländischen Einfluss auf die Zivilgesellschaft zu unterbinden.
Im Parlament der Ex-Sowjetrepublik wird die zweite Lesung dieses Gesetzes am Mittwoch fortgesetzt. Zu den Festgenommenen zählte auch Lewan Chabeischwili, der Vorsitzende der größten Oppositionspartei Vereinte Nationalbewegung (UNM). Chabeischwili veröffentlichte ein Foto, das ihn mit blutig geschwollenem Gesicht zeigt. Er erklärte, von der Polizei misshandelt worden zu sein.
Polarisierung und Radikalisierung
Die Sicherheitskräfte waren am Dienstagabend mit Gewalt gegen die Demonstranten vorgegangen und hatten sie vom Parlamentsgebäude weggedrängt. Erst in der Nacht beruhigte sich die Lage. Für Mittwoch wurden neue Proteste angekündigt.
Regierungschef Irakli Kobachidse rechtfertigte das harte Vorgehen der Polizei. Die Ordnungskräfte hätten allein im Rahmen des Gesetzes gehandelt, betonte er bei einer Pressekonferenz am Mittwoch. Die anhaltenden Proteste seien zwar unkomfortabel, aber eben die Verabschiedung des Gesetzes zur Kontrolle der Nichtregierungsorganisationen schütze das Land auf lange Sicht vor einer Polarisierung und Radikalisierung, sagte er.
Gefährdung der EU-Annäherung?
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell kritisierte den Polizeieinsatz gegen friedliche Demonstranten. "Georgien ist EU-Beitrittskandidat. Ich rufe die Behörden auf, das Recht auf friedliche Versammlungen zu gewährleisten", schrieb er im sozialen Netzwerk X. "Der Einsatz von Gewalt, um dieses zu unterdrücken, ist inakzeptabel."
Stein des Anstoßes ist ein Gesetz, dass Nichtregierungsorganisationen, die mehr als 20 Prozent Geld aus dem Ausland erhalten, über die Herkunft Rechenschaft ablegen müssen. Viele Projekte zur Demokratieförderung in der Ex-Sowjetrepublik arbeiten mit Geld aus EU-Staaten oder den USA.
Die regierende Partei Georgischer Traum unter ihrem Ehrenpräsidenten, dem Milliardär Bidsina Iwanischwili, spricht von größerer Transparenz. Kritiker erwarten, das Gesetz nach russischem Vorbild werde missbraucht werden, um Geldflüsse zu stoppen und pro-westliche Kräfte zu verfolgen. Die seit 2012 regierende Partei Georgischer Traum tritt vor der Parlamentswahl im Herbst zunehmend autoritär auf. Die pro-europäischen Demonstranten fürchten, dass dieser Kurs die EU-Annäherung gefährdet - ein Kurs, für den Georgischer Traum bei der erstmaligen Machtübernahme nach gewonnener Wahl 2012 noch eingestanden war.
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