Tschechien hat gewählt: Babiš strebt Minderheitsregierung an

Die oppositionelle populistische Bewegung ANO von Milliardär Andrej Babiš hat erwartungsgemäß klar die tschechische Parlamentswahl, die am Samstag zu Ende gegangen ist, gewonnen. Dies geht aus den Teilergebnissen des Tschechischen Statistikamtes (ČSÚ) hervor. Nach Auszählung von 99 Prozent der Wahllokale lag ANO bei 34,7 Prozent, womit Babiš nach vier Jahren auf ein Comeback an die Regierungsspitze hoffen kann.
Babiš kündigte an, sich um eine Minderheitsregierung zu bemühen. Diese solle von den rechtskonservativen Motoristen und der rechtspopulistischen Partei Freiheit und direkte Demokratie geduldet werden.
Auf Platz zwei mit 23 Prozent liegt das regierende liberal-konservative Wahlbündnis Spolu (Gemeinsam) aus der konservativen Demokratischen Bürgerpartei (ODS) von Premier Petr Fiala, der christdemokratischen Volkspartei (KDU-ČSL) und der bürgerlich-liberalen TOP 09. Die jetzige Regierungskoalition würde damit ihre Mehrheit im 200 Sitze zählenden Abgeordnetenhaus verlieren.
Für die rechtsliberale Bürgermeisterpartei (STAN) zeichneten sich 11 Prozent ab, für die rechtspopulistische Partei Freiheit und direkte Demokratie (SPD) von Tomio Okamura 8 Prozent und für die linksliberalen Piraten 9 Prozent. Den Einzug ins 200-köpfige Abgeordnetenhaus sollten noch die rechtskonservativen Motoristen mit 7 Prozent schaffen. Das linke Bündnis Stačilo! (Genug!), dessen Kern die Kommunisten (KSČM) bilden, scheiterte an der fünfprozentigen Wahlhürde. Die Wahlbeteiligung dürfte bei 68 Prozent gelegen sein.
Babiš braucht zwei Koalitionspartner
Das bisherige vorläufige Ergebnis deutet laut Berechnungen des öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehens darauf hin, dass ANO mindestens zwei Koalitionspartner für eine eventuelle Mehrheitsregierung brauchen würde. In Frage kämen die Motoristen und SPD, mit denen Babiš insgesamt bis zu 116 Mandate in dem 200-köpfigen Abgeordnetenhaus erzielen könnte.
Der Milliardär Babiš ist ein Verbündeter des rechtsnationalen ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán in der Fraktion "Patrioten für Europa" im EU-Parlament, der auch die FPÖ angehört. Im Wahlkampf hatte sich der Umfragefavorit für ein Ende der tschechischen Munitionsinitiative ausgesprochen, die seit ihrem Start bereits rund 3,5 Millionen Schuss großkalibriger Munition an die Ukraine geliefert hat. Die Regierungskoalition warnte vor einem Abdriften Tschechiens in Richtung Osten. "Jetzt geht es um alles", lautete ihr Wahlmotto.
Als pro-russisch gilt Babiš nicht. Wegen der angespannten Beziehungen zwischen ANO und Spolu ist Babiš nun aber auf die Unterstützung von EU- und NATO-feindlichen Parteien an den politischen Rändern angewiesen. Präsident Petr Pavel hat bereits zuvor ausgeschlossen, Regierungsmitglieder anzugeloben, die Tschechien aus der EU und NATO führen wollen.
Gratulation von Orbán und Kickl
FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl gratulierte Babiš zum Wahlsieg. "Die patriotische Wende in Europa wird immer stärker und ist nicht mehr aufzuhalten", erklärte Kickl in einer Aussendung. Die tschechischen Wähler hätten "den Brüssel-hörigen Parteien eine klare Absage erteilt und jene Kraft zur bärenstarken Nummer eins gemacht, die für Freiheit, Wohlstand und Souveränität steht".
Auch Ungarns Premier gratulierte: "Die Wahrheit hat gesiegt!", betonte Orbán am Samstagabend im Kurznachrichtendienst X. "Ein großer Schritt für die Tschechische Republik, eine gute Nachricht für Europa. Herzlichen Glückwunsch, Andrej!"
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