In den Tagen darauf analysierten Politikwissenschafter und Journalisten ausführlich das Hoch einer Partei, die als notorisch zerstritten gilt, vom Verfassungsschutz als "rechtsextremer Verdachtsfall" eingestuft wird und von der sich jede andere Partei im politischen Spektrum klar distanziert. Gründe für den Höhenflug gibt es dennoch zur Genüge: die öffentlich ausgetragenen Streitigkeiten der Regierung, die fehlende Führungsstärke des Kanzlers, das umstrittene Heiz-Gesetz, das ein Ende von Öl- und Gasheizungen vorsieht.
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Für die These, das Gendern der Medien sei schuld, erntete Merz aber mehr Kritik als Rückenwind.
Nicht zum Gendern verpflichtet
Der Journalistenverband sprach von Populismus "auf Kosten Tausender Journalistinnen und Journalisten". Der Spiegel veröffentlichte einen Faktencheck: Weder der Dachverband Deutschlandradio noch ARD und ZDF würden in ihren Sendungen konsequent gendern. Es gebe keine Vorgaben, integrierende Schreibweisen wie das Gender-Sternchen, eine Gender-Pause oder das Binnen-I zu verwenden.
Je nach Zielgruppe und Belieben des Moderators würden aber sowohl die männliche als auch weibliche Form ("Bürgerinnen und Bürger") oder eine neutrale Bezeichnung ("Studierende" statt "Studenten") genutzt. Der WDR hat nach einer Umfrage unter den Zusehenden das Gendern sogar begrenzt.
CDU fördert Rechtsruck
Viel mehr, so Beobachter, müsse Merz die Schuld auch bei sich suchen. Die Union verschiebe die öffentliche Diskussion nach rechts, so der Vorwurf. "Die CDU spielt mit dem Populismus", analysierte der Politikwissenschafter Albrecht von Lucke von den Blättern für deutsche und internationale Politik bereits am Samstag im KURIER.
Die Union mache rechte Positionen, "reinen AfD-Jargon", erst stark, rudere nach Kritik aber wieder zurück – man denke an Merz' umstrittenen "Pascha"-Sager, den von der Bild geprägten und von AfD und CDU übernommenen "Heiz-Hammer" fürs Heiz-Gesetz oder an die "Energie-Stasi", wie die CDU die geplante Heizdatenerfassung nannte. "Letztendlich nutzt das aber immer dem populistischen Original", warnt der Politikwissenschafter.
Der Parteivorsitzende sah das in seiner #MerzMail anders – im Gegenteil, er kündigte an, man wolle sich nicht verängstigen lassen "von einer engstirnigen Meinungselite". "Wenn der CDU-Chef Derartiges sagt, muss man doch sehr an seinem strategischen Vermögen zweifeln. Das ist ja fast eine Wahlempfehlung für die AfD – im Sinne einer self-fulfilling Prophecy", so von Lucke.
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