2.500 Schulen
Nach Angaben der spanischen Bischofskonferenz gibt es immer noch rund 2.500 konfessionelle Schulen. Über einflussreiche Business Schools wie Iese (Opus Dei) und Esade (Jesuiten), über renommierte Universitäten wie Icade (Jesuiten) und die Madrider Uni San Pablo werden entscheidende Positionen bei Banken und in der Politik besetzt.
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Spanien und Polen seien die EU-Länder, wo die Ausbildung noch fest von der Kirche kontrolliert werde, sagt Sergi Rodríguez López-Ros, der selber das beste Beispiel dafür ist, wie die christliche Ausbildung das spätere gesellschaftliche Leben in Spanien beeinflusst. Er wurde im Salesianerkolleg ausgebildet, war dann unter anderem Sprachrohr des Erzbistums in Barcelona und ist heute Vizerektor der katholischen Universitat Abat Oliba.
Religion als Tourismusattraktion
Selbst der Tourismus wird stark von der Kirche beeinflusst. Auch wenn kaum noch eine Spanierin heutzutage als Jungfrau in die Ehe geht, wird wie hier im südostspanischen Yecla im großen Stil die „Unbefleckte Empfängnis“ gefeiert. In der sonst wenig attraktiven Stadt gibt es nur ein Hotel, und trotzdem kommen Touristen an diesen Dezember-Tagen von überall her, um sich das historisch-religiöse Spektakel aus dem 17. Jahrhundert anzuschauen.
Viel Geld aus der Staatskasse
35.000 Einwohner machen sich schick und weisen der „virgen del Castillo“ alle Ehren, egal, ob sie gläubig sind oder nicht. Historische Siege werden nachspielt, und es wird geschlemmt und getrunken. Es knallt drei Tage lang und riecht nach Schwefel. Alles zu Ehren der Jungfrau. Nach Angaben der spanischen Bischofskonferenz gibt es 92 solcher katholischer Feiertage im Land, die als „nationales touristisches Interesse“ anerkannt sind, und weitere 42, die in die noch bedeutendere Kategorie „internationales touristisches Interesse“ fallen. Wer das alles nicht mitfinanzieren will, hat in Spanien keine Chance.
Noch immer „spendet“ in Spanien jeder qua Steuererklärung einen Teil zwangsläufig entweder sozialen Einrichtungen, von denen viele auch religiös sind, oder direkt der katholischen Kirche, aus der niemand austreten kann.
Missbrauch-Skandale
Peñas Peñas kann nicht verstehen, dass Skandale um Pfarrer, die Frauen vergewaltigt und Schüler missbraucht haben, Medien und Gesellschaft nicht in Aufruhr bringen. Nach Angaben der linksgerichteten spanischen Tageszeitung El País, die das Thema Missbrauch in der Kirche erst vor einigen Jahren ins Rollen brachte, gibt es 1.379 Angeklagte und 2.516 Opfer.
Verbrechen bleiben ungeklärt
Die Aufklärung der Verbrechen läuft nur sehr schleppend, was nach Ansicht von Peñas Peñas auch an der Macht der Kirche liegt: „In Frankreich oder Deutschland gibt es viel mehr Kritik an der Kirche.“ In Spanien dagegen sei die Gesellschaft immer am Gängelband der kirchlichen Machtstrukturen. „In der Wirtschaft hat die Kirche immer mitgemischt, sie haben hierzulande das Sparkassen- und Genossenschaftswesen vorangebracht. Und bei der beruflichen Ausbildung sind die kirchlichen Institute inzwischen die Nummer eins in Spanien“, betont López-Ros. Er ist überzeugt, dass der spanische Staat ohne die vielen helfenden Hände der Kirche das Sozial- und Gesundheitswesen nicht finanzieren könnte.
Glauben als Geschäft
Die Welle der christlichen Solidarität in Spanien hilft auch Menschen wie Borja Barragán, aus dem katholischen Glauben ein Geschäft zu machen. Der siebenfache spanische Vater gründete „Altum Faithful Investing“, die jetzt auch in den USA expandieren. Auf der Webseite frohlockt der Katholik: „Kontaktieren Sie uns, um mehr darüber zu erfahren, wie Sie Ihre finanziellen Ziele verfolgen und gleichzeitig Ihr christliches Zeugnis vor der Welt leben können!“
Party auf der Straße
Das mag einem als Nordeuropäer alles spanisch vorkommen, für Peñas Peñas ist es sinnbildlich für eine Gesellschaft, die nicht wirklich kritisch ist mit ihrer Geschichte: „Die historischen Spiele in den Dörfern sind gut, um sich zu erinnern, aber das reicht nicht. Wir müssen auch in den Schulbüchern klar sagen, dass es die Kirche war, die Diktator Franco an die Macht brachte und damit an all den Verbrechen mitschuldig ist, die dessen Regime verübte.“
In Yecla interessiert das in den Tagen rund Maria Empfängnis niemanden, hier wird die Jungfrau unter Getöse weiter auf den Straßen gefeiert – ohne Wenn und Aber und mit viel Alkohol.
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