EU-Staats- und Regierungschefs beraten via Video über Coronakrise
Wenn die 27 Staats- und Regierungschefs der EU zusammen beraten, nennt man das normalerweise einen EU-Gipfel. In Zeiten der Corona-Krise kann man es auch Video-Konferenzschaltung nennen.
Und so setzte sich Dienstagnachmittag Bundeskanzler Sebastian Kurz in Wien erstmals auf Bitte von EU-Ratspräsident Michel vor den Bildschirm, um mit seinen europäischen Kollegen die akute Gesundheitskrise in der gesamten Europäischen Union zu besprechen.
So rasch, wie sich das Virus nun durch Europa bewegt, lassen sich EU-Gipfeltreffen normalerweise nicht organisieren. Ein paar Tage Vorbereitungszeit braucht es immer, um die Präsidenten, Regierungschefs und ihre wichtigsten Mitarbeiter zusammenzutrommeln. Vor allem aber sollte mit der Videokonferenz das Risiko der Ansteckung umgangen werden.
Finanzielle Entlastung
Zu besprechen gab es drei Stunden lang vieles: Von besserer Koordinierung der europaweiten Zusammenarbeit bis hin zu finanziellen Entlastungen für die von Corona besonders schwer getroffenen Regionen und Staaten wie Italien. Zweifel werden laut, ob der für Ende März angesetzte EU-Gipfel zu halten ist. Oder ob er wegen des großen Ansteckungsrisikos nicht vielleicht abgesagt werden muss.
Nicht abgesagt, aber von vier Tagen auf einen verkürzt wurde indessen die Plenarwoche des EU-Parlaments. Das ärgerte viele Abgeordnete: Man hätte dass Plenum gleich absagen sollen, hieß es. „Wir Abgeordnete sind potenzielle Multiplikatoren für die Viren“, sagt die grüne EU-Abgeordnete Sarah Wiener.
Zur Erklärung: Die Abgeordneten reisen aus allen 27 EU-Staaten an. Würden sie sich beim Plenum mit dem Corona-Virus infizieren, könnten sie es schlimmstenfalls in die ganze Union hinaustragen. Nächste Woche bleibt das Parlament praktisch geschlossen.
„Die Sitzungen werden jetzt laufend abgesagt“, schildert SPÖ-EU-Delegationsleiter Andreas Scheider. Einen Teil ihrer Arbeit könnten die EU-Abgeordneten auch vom „Homeoffice“ aus erledigen – aber abgestimmt werden kann nur im Parlament.
Der Ärger der Mandatare über Parlamentspräsident Sassoli, der eine Absage des Plenums nicht durchgesetzt hatte, steigerte sich im Lauf des Tages. Da wurde nämlich bekannt, dass sich der aus Italien stammende Parlamentschef in Brüssel freiwillig in eine zweiwöchige Quarantäne begeben hat. Grund: Sassoli hatte am Wochenende seine Heimat Italien besucht.
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