Smart-Chef: "Millionen Kunden warten auf einen Nachfolger für den Fortwo"

Dirk Adelmann
Der Europa-CEO von Smart, Dirk Adelmann, über den kommenden #2, China-Zölle und Pläne der Marke.

Zusammenfassung

  • Smart plant mit dem #2 einen Nachfolger für den Fortwo, der ab 2027 auf den Markt kommen soll.
  • Das Modellportfolio von Smart wächst, bleibt in Europa aber vollelektrisch und profitiert von der Kooperation mit Geely und Mercedes-Benz.
  • Smart sieht sich trotz Produktion in China als europäische Marke und setzt sich gegen Strafzölle für alternative Importlösungen ein.

Smart "neu" wurde 2019 als Joint Venture von Mercedes-Benz AG und der chinesischen Geely Automobile Group Co. gegründet. Erstes Auto der neuen Kooperation war der #1, der 2022 auf den Markt kam. Es folgten der #3 und im heurigen Jahr der #5 - allesamt rein elektrische Fahrzeuge, die in China vom Band laufen. Im Vorfeld der IAA in München kündigte man einen #2 an, der an den klassischen Fortwo anknüpfen soll. Wir trafen den Europa-CEO von Smart, Dirk Adelmann, zum Gespräch.

KURIER: Wie geht es Smart aktuell in Europa?

Dirk Adelmann: Smart geht es sehr gut. Was die Auftragseingänge betrifft, ist der neue #5 schon unser gefragtestes Modell. Für nächstes Jahr gehen wir bei den Absatzzahlen von einer Verteilung von 50:50 zwischen #5 auf der einen und #1und #3 auf der anderen Seite aus. Vor allem gibt es aber rund 2,2 Millionen Fortwo-Kunden in Europa, die teilweise sehnlichst auf einen Nachfolger warten. Und das ist vom Volumen her nochmal eine ganz andere Dimension.

Stichwort Nachfolger für den Fortwo. Wann ist mit dem Auto zu rechnen?

Wir haben ja kürzlich bekanntgegeben, dass wir den Zweisitzer neu interpretieren und der #2 wird für uns in Europa ganz essenziell, weil es ein Fahrzeug ist, das unser Lineup nach unten abschließt. Smart kommt ja aus dem A-Segment und ist mit dem #5 zuletzt sehr erfolgreich bis ins D-Segment gewachsen. Der Plan sieht vor, Ende 2026 die Serienversion des #2 vorzustellen und im Laufe des Jahres 2027 soll er dann auf den Markt kommen.

Wie erklärt sich die Nomenklatur, wo ein #2 kleiner ist als ein #1?

Es ist ganz einfach. Die ungeraden Zahlen sind SUV oder SUV-Derivate wie der #1, der #3 oder der #5, die geraden Zahlen sind Nicht-SUVs mit speziellen Karosserieformen wie der kommende Zweisitzer. Vielleicht wird es einmal einen Sedan oder was ganz anderes mit gerader Nummer geben, aber kein SUV. Die kleinste gerade Zahl ist eben die Zwei und die hat für Smart ja auch eine besondere Bedeutung.

In der Vergangenheit gab es bei Smart ja richtige Spaßautos wie den Roadster oder den Crossblade. Wird in Zukunft für so etwas Platz sein?

Für den #2 ist eine neue Plattform in der Entwicklung und diese ist eine Smart-eigene Lösung. Was die Zukunft betrifft, so sind wir offen für Partner und andere Derivate, aber es ist noch zu früh, um darüber zu spekulieren. Die Entscheidung, den #2 zu entwickeln, wurde erst kürzlich getroffen. Wir haben z.B. noch nicht festgelegt, welche Batterie und welche Antriebskonfiguration wir verwenden. Die Kommunikation, was weitere Derivate betrifft, wird es später geben, weil wir schlicht noch nicht soweit sind.

Inwieweit konnten Sie die alten Smart-Kunden abholen und für die neuen Modelle gewinnen?

Bei der Einführung des #1 waren, was Deutschland betrifft, rund 80 Prozent Kunden, die einen Fortwo oder Forfour hatten. Natürlich sind das auch Kunden, die mittlerweile andere Bedürfnisse haben, weil sie vielleicht ein größeres Auto für die Familie benötigen. Aber das hat uns doch überrascht. Beim neuen #5 haben wir in Deutschland zu über 40 Prozent Kundschaft mit Smart-Vorgeschichte, was immer noch sehr viel ist. Aber mit dem #5 erobern wir jetzt auch Kunden von Marken, die Smart bisher gar nicht auf dem Schirm gehabt haben. Der #5 ist ja ein Fahrzeug, das es so von uns noch nie gab - ein vollwertiges Erstauto und dank der Ladetechnologie ist es auch ein echtes  Reisemobil. Das heißt, wir sind jetzt ein Stück weit auch auf Eroberung aus. Wir versuchen, nicht nur bei Mercedes Kunden zu gewinnen, aber natürlich nehmen wir auch Kunden mit, die bei Mercedes aktuell nicht das passende Modell finden – auch das ist ein Auftrag an Smart. Gleichzeitig lautet unser Auftrag wieder, junge Kunden aus den niedrigeren Segmenten an die höheren Segmente heranzuführen.

Smart

Die aktuelle Smart-Familie: #3, #1 und #5.

Es gibt aber sicherlich auch noch Kunden, die sagen, Smart ist nicht mehr die Marke, wie man sie von früher kennt. Was sagt man denen?

Die Ursprungsidee, die hinter Smart stand, war ja, nachhaltige urbane Mobilität mit elektrisch betriebenen Fahrzeugen anzubieten. Seit 2019 ist Smart elektrisch  und nachhaltige urbane Mobilität war immer in der Smart-DNA. Über das Joint-Venture ist es uns gelungen, diese in den Segmenten von A bis D anbieten zu können. Das hätten wir in der alten Welt als 100-prozentige Mercedes-Benz-Tochter nie geschafft. Wir waren damals auch schon auf dem Weg zu einem Mehr-Produkt-Portfolio und jetzt haben wir es geschafft und das auch noch voll elektrisch.

Produziert werden die Smarts von heute in China. Sieht man sich dennoch als europäische Marke?

Ja, ganz klar. Wir sind mittlerweile ein Joint-Venture (von Mercedes-Benz und Geely, Anm.) und haben noch weitere Partner an Bord geholt. Das Design für alle unsere Produkte kommt von Mercedes sowie die komplette Teileversorgung und auch beim Vertriebsmodell sind wir sehr eng verbunden. Wir fühlen uns in Europa deutlich näher an unserer deutschen Mutter als an unserer chinesischen. Die Wahrheit ist aber auch, dass wir ganz klar davon profitieren, uns im Geely-Regal bedienen zu können, vor allem was Plattformen, Technologie, Konnektivität oder autonome Fahrfunktionen betrifft. Als Smart allein könnten wir niemals zu diesen Kosten entwickeln und produzieren. Smart ist heute eine eigenständige Marke, getragen von zwei Anker-Investoren und kann sich aus beiden Regalen bedienen.

Import aus China bedeutet derzeit aber auch Zölle….

Wir sind aktuell voll betroffen, aber auch vorsichtig optimistisch, dass es bald noch zu einer Verhandlungslösung kommt. Zusammen mit Mercedes haben wir einen Vorschlag eingebracht, was die Alternative zu Zöllen sein könnte, nämlich ein Minimum-Importpreis. Das wäre deutlich intelligenter als Strafzölle auf alles.

Wären auch Antriebslösungen wie Hybrid bei Smart künftig denkbar?

Letztendlich entscheidet das der Kunde. Aber wenn sich der Markt in China deutlich in Richtung Plug-in-Hybride oder Range-Extender entwickelt, dann werden wir wahrscheinlich auch entsprechend reagieren, zumindest in diesen Märkten. In Europa bleiben wir der vollelektrischen Linie treu.

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