Smatrics CEO: "Wir werden mit den Preisen nicht hochgehen"
Smatrics ist schwer zu finden. Gemeint ist das Büro, nicht die Ladesäulen. In einem Eck vom Hauptbahnhof findet man den Schriftzug dann doch, geläutet werden muss bei der Gegensprechanlage vom Verbund (Eigentümer von Smatrics). Ein paar Stockwerke weiter oben begrüßt direkt hinter der Tür Hauke Hinrichs. Ein Mann Ende 30, sprachlich eindeutig dem Norden Deutschlands zuzuordnen. Es ist sein zweiter Tag als alleiniger Geschäftsführer von Smatrics, einem der ersten Ladeinfrastrukturunternehmen Österreichs. Smatrics ist kein Start-up mehr, Scale-up nennt es sich in diesem Unternehmensstadium, in dem es darum geht, zu wachsen. „Wir werden Smatrics zu einer IT- und Greentech-Company ausbauen, darum bin ich hier“, sagt er. Hinrichs macht den Kaffee trotzdem selbst und lässt die Tür während des Gesprächs offen.
KURIER: Es gibt in Österreich viele, die Elektromobilität infrage stellen. Was hat Sie überzeugt?
Hauke Hinrichs: Ich bin ein Überzeugungstäter. Ich habe Wirtschaftsingenieurswesen mit der Fachrichtung Elektrotechnik studiert. Seit zehn Jahren fahre ich ein Elektroauto. Elektromobilität hat dermaßen Potenziale. 100 Prozent erneuerbar mit einem guten Wirkungsgrad zu fahren, ist eigentlich nur mit E-Mobilität möglich. Bei Wasserstoff ist der Wirkungsgrad dreimal schlechter. Und der von eFuels ist noch schlechter.
Sie fahren seit zehn Jahren ein E-Auto. Welches Modell fahren Sie aktuell?
Seit zwei Jahren fahre ich einen Audi e-tron. Mit dem bin ich bereits 67.000 Kilometer gefahren. Ich fahre öfters mit meiner Familie in den Norden. Das funktioniert gut. Die Reichweite könnte ein bisschen mehr sein.
Ein Punkt, den Skeptiker gerne nennen. Was entgegnen Sie?
Viele E-Autos kommen heute weiter als 300 Kilometer. Die Ladeinfrastruktur, die wir heute bauen, liefert bis zu 300 Kilowatt. Das bedeutet, 100 Kilometer werden in drei bis fünf Minuten geladen. Und dann muss man sich überlegen, wie oft man ohnehin stehen bleibt und eine Pinkelpause macht.
An den Autobahnen ist Laden kein Problem, aber auf dem Land ist die Infrastruktur recht dünn.
Wir bauen auf dem Land aus. Die letzten beiden HPC-Ladestationen (Anm.: High Power Charging, also Ladeleistung über 150 kW) sind in Kittsee und Siegendorf entstanden. Wir bauen in Liezen, Bad Ischl, Krems. Wir bauen bis Ende des Jahres noch 15 weitere Standorte. Insgesamt stehen in Österreich öffentlich zugänglich dann mehr als 100 HPC-Ladepunkte und insgesamt 2.500 von Smatrics betriebene Ladepunkte zur Verfügung. In dem „Fit for 55“-Programm der EU steht, dass alle 60 Kilometer am hochrangigen Straßennetz eine 300-kW-Station in 2025 stehen muss. Wir wollen, dass alle 50 Kilometer eine Ladestation von uns steht und das werden wir 2022 erreichen.
Aktuell sind in Österreich rund 64.000 Elektroautos unterwegs. Das sind 1,3 Prozent des Pkw-Bestands in Österreich. Wenn alle elektrisch fahren, werden rund 30.000 Ladepunkte benötigt. Aktuell sind es rund 8.600. Wie soll sich der Ausbau ausgehen?
Wir nehmen an, dass zehn bis 30 Prozent öffentlich geladen werden. Wir planen bis 2030 1.350 HPC-Punkte zu bauen. Wir bauen immer mindestens vier nebeneinander, bald werden es zehn bis 20 sein. In Zukunft wird man in Ladeparks mit einer tankstellenähnlichen Infrastruktur laden.
Woher soll der zusätzlich benötigte Strom kommen? Österreich ist seit 2001 Nettostromimporteur.
Noch. Das wird sich ändern, die erneuerbaren Energien werden in Österreich massiv ausgebaut. Der Verbund baut zum Beispiel gerade das Pumpspeicherkraftwerk Limberg 3 mit einer Leistung von 480 Megawatt. Eine aktuelle Studie der Technischen Universität Wien zeigt, wenn zehn Prozent aller Autos in Österreich elektrisch fahren, würden zusätzlich 1,3 Terawatt-Stunden, also 1,8 Prozent mehr Strom, benötigt werden. Wenn 100 Prozent der Autos rein elektrisch fahren würde, wären es also 18 Prozent. Das ist zu schaffen.
Wird Laden teurer werden?
Wir rechnen eher damit, dass der Preis gleich bleibt oder mit einem Preisverfall durch den Wettbewerb und die besseren Fahrzeuge. Wir werden nicht hochgehen.
In Österreich wird nach Zeit und nicht nach kWh abgerechnet. Das ist für Kunden nicht nachvollziehbar.
Da haben Sie recht. Das ist der größte Hemmschuh überhaupt. Gerade weil diese Art der Abrechnung bei Hochleistungsladeinfrastruktur immer ungerechter wird. Das Problem ist das Eichrecht. Um nach kWh abzurechnen, müssten die Ladesäulen geeicht sein. Die neuen Ladestationen, die wir errichten, sind auch alle eichrechtskonform nach deutscher Baumusterprüfbescheinigung. Das Problem ist der Bestand.
Sie müssten die bestehenden Ladesäulen umrüsten.
Ja, das fordert das Ministerium. Wir haben wahnsinnig viel investiert und manche können wir gar nicht umbauen. Es wäre unglaublich viel Geld, das wir verbraten hätten. Ich kann dem Kunden auch nicht zumuten, dass bei einer neuen Ladestation nach kWh und bei einer Alten zeitbasiert abgerechnet wird. Da wird mir jeder den Vogel zeigen. Es gibt noch einige Probleme zu lösen. Das bestreite ich nicht.
Die Smatrics Ladestationen haben bei einem Test von „Connect“ im vergangenen Jahr weniger gut als die Konkurrenz abgeschnitten.
Wir haben daraus gelernt. Wir haben das Payment umgestellt und vereinfacht. Ein Thema war auch die Beschilderung. An jede neue Ladesäule kommen bessere Hinweisschilder und es werden auch alle in Zukunft beleuchtet sein. Wir werden im neuen Test besser abschneiden.
Zur Person
Hauke Hinrichs ist seit 2017 bei Smatrics, zunächst als Technischer Leiter und seit 2018 als COO und Geschäftsführer. Seit Anfang Oktober führt Hinrichs die Geschäfte alleine
Zu Smatrics
Smatrics wurde 2013 gegründet und ist ein Tochterunternehmen von Verbund. 2020 wurde das Joint Venture Smatrics EnBW gegründet. In Österreich ist Smatrics stark mit Direktprodukten vertreten. Doch es steht ein Richtungswechsel bevor: Smatrics soll zu einer Technologie- und Serviceplattform ausgebaut werden
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