Schwere Mobilitätswende: Welche Lkw-Antriebe sind zukunftsfähig?

Ein elektrischer Mercedes-Benz eActros wird an einer Ladestation aufgeladen.
Elektrische Lkw, Wasserstoff und biobasierte Kraftstoffe könnten die Zukunft der Transporte bestimmen, doch die Umsetzung ist herausfordernd.

Der Schwerverkehr gilt als zentraler Hebel für die europäischen Klimaziele. Rund ein Fünftel der verkehrsbedingten Emissionen geht laut dem EU-Parlament auf das Konto schwerer Lkw. Die EU verlangt bis 2040 eine CO₂-Reduktion von 90 Prozent, bis 2050 Klimaneutralität. Der technische Wandel ist machbar, verläuft aber je nach Antriebsform unterschiedlich schnell.

Hoffnungsträger Elektro

Elektrische Lastwagen sind laut dem Energieunternehmen Smatrics aktuell am weitesten entwickelt. Zahlreiche Serien- und Vorserienmodelle sind verfügbar, erste Fernverkehrsrouten werden bereits erprobt. Der Geschäftsführer von Smatrics Hauke Hinrichs verweist im Rahmen des "Wiener E-Mobility Talk" auf den hohen Wirkungsgrad: Der elektrische Antriebsstrang erreiche insgesamt "73 Prozent". Wasserstoff und E-Fuels seien dafür deutlich energieintensiver. Österreich fördert E-Lkw derzeit mit bis zu 60 Prozent der Mehrkosten, dazu 40 Prozent Infrastruktur. Für Hinrichs ist diese Kombination ein "entscheidender Beschleuniger" mit "exponentiellem Wachstum".

Für die Skalierung ist die Ladeinfrastruktur ausschlaggebend. Smatrics eröffnete im Frühjahr einen ersten HPC-Park für Lkw in Oberösterreich, die Asfinag plant ab 2027 neue Ladezonen entlang der Autobahnen. Die Branche rechnet damit, dass rund 80 Prozent der Ladevorgänge künftig in den Depots stattfinden: Energiespeicher und Netzaufrüstung werden bei größeren Fuhrparks daher zur Standardplanung.

Neue Fortschritte

Das Unternehmen Schlager Transport zeigt in der Gesprächsrunde, wie der Einsatz in der Praxis funktioniert: Mit fünf E-Lkw fuhr das Unternehmen in 20 Monaten über eine Million Kilometer. "Wir haben keinen einzigen Ausfall gehabt", sagt Geschäftsführer Hubert Schlager. Fahrer, die anfangs skeptisch waren, würden inzwischen den höheren Komfort schätzen.

Auch Daimler Trucks meldet Fortschritte: Das neue Mercedes-Zugpferd "E-Actros 600" schafft im Normalbetrieb rund 500 Kilometer pro Ladung, mit Zwischenstopps bis zu 900 Kilometer pro Tag. "Wir müssen Routen, Infrastruktur und Energieversorgung mitdenken. Es ist nicht damit getan, einen Lkw zu liefern", betont eMobility-Chef Thomas Weiss. Wasserstoff sieht Daimler als Ergänzung für Langstreckenprofile: Prototypen verbrauchen auf 100 Kilometern durchschnittlich 5,6 Kilogramm. Andere Lkw-Hersteller verfolgen ähnliche Doppelstrategien: Volvo testet E-Motoren mit Wasserstoff, MAN arbeitet an Brennstoffzellenmodellen, beide bieten bereits elektrische Serienfahrzeuge.

Ein weißer Mercedes-Benz eActros 600 vor blauem Himmel.

Der eActros 600 ist das neueste Aushängeschild von Mercedes' Lkw mit elektrischen Antrieben.

Auch die OMV zieht im Gespräch eine klare Bilanz: "Wir haben dieses Jahr unsere letzten Wasserstofftankstellen eingestellt und setzen vermehrt auf elektrische Ladesäulen für Lkw", sagt Manager Michal Kubinec. Die geringe Zahl an Pkw habe den Wasserstoff-Betrieb wirtschaftlich unmöglich gemacht. Auch LNG ("Liquefied Natural Gas" oder Flüssiges Naturgas) stagniere in Mitteleuropa wegen hoher Transportkosten und geringer Modellvielfalt. HVO100 dagegen zeigt Wirkung: Der biobasierte Kraftstoff könne laut Kubinec "bis zu 80 Prozent CO₂ einsparen" und lasse sich ohne Umbauten in Verbrennern nutzen.

E-Fuels als Ergänzung

Auch E-Fuels werden laut der österreichischen "eFuel Alliance" bei Verbrennerflotten eine immer wichtigere Rolle spielen. "Man braucht sich nicht davor fürchten", sagt Geschäftsführer Stephan Schwarzer im Rahmen der Wiener Gesprächsrunde. Sie seien "eine wichtige Ergänzung". Der große Fahrzeugbestand werde alternative Energieträger wohl oder übel benötigen: "Sonst kann man die CO₂-Ziele vergessen."

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