Glück oder Können: Wie besteht man die praktische Führerscheinprüfung?
25 Minuten – in dieser Zeit darf nichts schiefgehen. Keine Stopptafel übersehen, kein Schulterblick vergessen, kein Vorrang falsch interpretiert und keine Spur waghalsig gewechselt werden. Kann ja nicht so schwierig sein, außer man macht die praktische Prüfung für die Lenkberechtigung in der Bundeshauptstadt Österreichs, irgendwo im zweiten Bezirk zwischen Taborstraße und Augarten.
Dort kann es passieren, dass Kleinkinder auf Fahrrädern freihändig gegen die Einbahn schlenkern, der Lieferdienst-Zusteller zeitgleich von rechts überholt, der E-Scooter-Fahrer hinter ihm das Manöver kopiert und dem Pkw-Lenker nichts anderes übrig bleibt, als abrupt abzubremsen, was wiederum Fußgänger dazu animiert, jetzt die Straße zu queren. Zusammengefasst: Der Albtraum jedes Fahranfängers und der Autorin dieses Artikels leider genauso passiert.
Glücklicherweise nicht bei der Fahrprüfung, sondern in einer der letzten Fahrstunden. Sechs Monate und drei Wochen nachdem ich mich bei der Fahrschule Schwedenplatz zur Führerschein-Ausbildung angemeldet hatte, (mehr dazu lesen Sie hier in Teil eins der Reportage) durfte sich das aber nicht wiederholen. Da trat ich zur praktischen Prüfung an. In der Hoffnung, dass es das erste und letzte Mal sein wird.
Mär der Durchfallquote
„Bei uns schaffen die meisten die praktische Prüfung beim ersten Antritt“, versucht Fahrlehrer Franz, wenige Minuten bevor es losgeht, die Nerven der sieben Prüflinge zu beruhigen. Dass drei von ihnen zum zweiten Mal da sind, verringert seine Glaubwürdigkeit erheblich.
Österreichweit lag 2024 die Durchfallquote bei der Praxisprüfung bei 34,8 Prozent, und damit höher als bei der Theorie (32,6 Prozent), teilt das Verkehrsministerium dem KURIER mit. Dass externe Prüfer nur eine bestimmte Anzahl bestehen lassen, ist aber eine alte Mär, versichern alle Fahrlehrer. Prüfer haben sich strikt an ein Prüfungs- und somit Fehlerprotokoll zu halten – in dieses haben Prüflinge Einsicht. Nur wer guten Gewissens in den Verkehr geschickt werden kann, bekommt den Schein. Wer durchfällt, hat es selbst verbockt oder einfach Pech gehabt.
Druck nimmt das keinen. Kostet der Antritt immerhin 220 Euro – kurze Generalprobenfahrt mit Fahrlehrer inklusive. 173,10 Euro kommen bei bestandener Prüfung für das Ausstellen des Scheins dazu – die gehen ans Verkehrsamt. (Achtung, seit Juli 2025 gelten höhere Gebühren. Der Führerschein kostet jetzt 90 Euro statt 60,50 Euro, das ist aber nur ein Teilbereich der Kosten, die an das Verkehrsamt zu überweisen sind.)
Es ist also auch ein wirtschaftliches Anliegen, beim ersten Versuch erfolgreich zu sein. Ein zugedrücktes Auge darf man sich von Prüfern trotzdem nicht erwarten. Denn diese schauen genau – so auch die meinige. Eine Frau Oberstleutnant, die streng, aber fair sein soll.
So besteht man (nicht)
Der Ablauf der praktischen Prüfung ist an diesem Tag für alle gleich: Man trifft sich am Donauturmparkplatz. Dort muss jeder Prüfling hintereinander drei Übungen absolvieren: Aus der „Garage“ (aufgestellte Stangen) hinausfahren, reversieren, dann parallel einparken, den Parkplatz verlassen und in die Garage rückwärts wieder einparken. Manche machen das besser als andere. Eine Vollkatastrophe (Berühren der Stangen bedeutet Abbruch) ist nicht darunter.
Dann folgen Fragen aus der Theorie. Ich darf die Motorhaube sowie diverse Flüssigkeiten erklären. Ein Leichtes, wenn man es weiß. Das ist der Fall, also auf zum letzten und wohl wichtigsten Teil: Die 25-minütige Prüfungsfahrt. Hier ist man zu viert unterwegs. Prüfling am Fahrersitz, Fahrlehrer am Beifahrersitz, Prüferin hinten rechts, zweiter Prüfling (der still zu sein hat) hinten links.
Rund sieben Monate und 2.500 Euro kostete die ganze Führerscheinausbildung.
Mein Puls? Ruhig, entspannt. Warum? Weil ich stadtauswärts fahren soll und der gefürchtete Gaußplatz an diesem Tag ohne mich auskommen wird müssen. Die Fahrt ist erfreulich langweilig, der Verkehr und das Wetter tröpfeln dahin. Es bleibt genug Konzentration, den häufigsten Fehler bei Führerscheinprüfungen zu vermeiden: Das Vergessen des 3-S-Blicks (Spiegel-Spiegel-Schulterblick). Auch die Prüferin soll hier ganz genau sein, wurde uns gesagt.
Also schaue ich während der Prüfungsfahrt so demonstrativ über die Schulter, dass ich nicht nur einmal das Steuer dabei mitnehme. Mir fällt es nicht auf, der Prüferin schon. Auch die Gänge hätte man manchmal sanfter schalten und ein Ruckeln des Autos verhindern können. Alles in allem nichts Dramatisches – wer die eigenen Fehler im Nachgespräch mit der Prüferin eingesteht, bekommt einen Bonus. „Sie sind gut gefahren“, fasst es die Frau Oberstleutnant zusammen, als sie den vorläufigen Führerschein plus Erlagschein für die Einzahlung überreicht. Nur Spur halten soll ich üben.
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