Führerschein: Wie viel man wirklich lernen muss, um die Theorieprüfung zu bestehen

Führerschein: Wie viel man wirklich lernen muss, um die Theorieprüfung zu bestehen
Eine Redakteurin, Mitte 30, zieht die Führerschein-Ausbildung durch. Jetzt ist sie zur Theorieprüfung angetreten. Der Lernaufwand? Viel größer als gedacht.

Erst gestern hat sie zu lernen begonnen, berichtet eine Schülerin der Fahrschule Schwedenplatz stolz. „Dafür ist das Ergebnis beeindruckend“, erwidert die Rezeptionistin. 50 Prozent hat die Führerscheinanwärterin soeben bei der Theorieprüfung erreicht. 80 hätte sie gebraucht. „Vielleicht beim nächsten Mal“, nimmt sie es gelassen. 

Auf gut Glück die Theorieprüfung bestehen – das klappt nicht, klärt Marlene Lewi von der „DriveCompany“-Schwedenplatz zu Beginn meiner Ausbildung auf. „Wir haben Schüler, die 15 Mal zur Theorieprüfung gehen. Und dann draufkommen, mit Lernen geht es besser.“ Der Aha-Moment kommt, verspricht Lewi – spätestens, wenn die 160 Euro Antrittsgebühr zum wiederholten Mal zu bezahlen sind. Wer smart ist, lernt schon während der 16 Theoriekurse mit – das wird eindringlich empfohlen. Beherzigt habe ich diesen Rat als 34-jährige, zielstrebige Fahrschülerin selbstverständlich nicht. Und sollte es bereuen.

Nervenkitzel am Steuer: Die ersten Fahrversuche am Donauturm-Parkplatz

Die erste Fahrstunde am Donauturm-Parkplatz: aufregend. Für mich, nicht für Fahrlehrer Robert. Der spricht gelassen von Richtungsblicken, Haltepunkten der Kupplung, verzichtet auf irreführende Auf- und Ab-Bewegungen der Hände, die demonstrieren sollen, wie Anfahren ohne Abwürgen des Motors gelingt (versteht übrigens kein Fahranfänger). Nach zwanzig Minuten holprigen „Fahrens“, geht Robert in prägnante Anweisungen über: Aufspurten, Abspurten, Übergreifen, Auskuppeln, Einkuppeln. 

Das Fahrschulauto, ein Mercedes-Benz A 180 Diesel, verzeiht viel, stirbt kein einziges Mal ab. Für den Fahrlehrer Anlass genug, jetzt den Parkplatz zu verlassen – und mich in den Straßenverkehr zu schicken. Der Puls geht hoch und erst wieder runter, als wir den U-Turn auf der Schwedenbrücke überstanden haben. Er muss bei mir etwas Gas geben, erklärt er. Schließlich habe ich mich für eine duale Ausbildung entschieden. Da legt man nach drei Doppelfahrstunden den größten Teil der Praxis mit Begleitung im Privat-Pkw zurück. In meinem Fall: Ein Kia Ceed. Baujahr – alt. Assistenzsysteme: Nicht vorhanden.

1.000 Kilometer Praxis: Sind schneller erledigt, als erwartet

Samstag, 13.20 Uhr, SCS Vösendorf. Ich hinter dem Steuer auf Parkplatzsuche. Leichtsinnig? Vielleicht, aber so lernt man’s. Geduld, wie von Fahrlehrer Robert, darf man sich von anderen Verkehrsteilnehmern nicht erwarten. Beunruhigen lassen sollte man sich davon auch nicht. Wer meint, sich in einer Steigung ans Heck eines Anfängers picken zu müssen (ist ja durch das blaue L-Taferl erkennbar), soll das tun. Und ist hoffentlich Vollkasko-versichert. 

Die vorgeschriebenen 1.000 Kilometer spule ich in wenigen Wochen ab, ohne die Lernapp zu öffnen. Fahren macht Spaß, lernen weniger. Marlene Lewi von der Fahrschule hatte davor gewarnt. „In dem Moment, wo unsere Schüler den Fahrbescheid in den Händen halten, wird alles andere vergessen. Dann sind die Kilometer fertig und man braucht noch Monate, weil die Theorieprüfung offen ist“. Zeit, nicht nur beim Fahren an Tempo zuzulegen.

Führerschein: Wie viel man wirklich lernen muss, um die Theorieprüfung zu bestehen

Mission Führerschein

Das erste Mal souverän und in einem Schwung in der Tiefarage eingeparkt – ein Meilenstein

Führerschein: Wie viel man wirklich lernen muss, um die Theorieprüfung zu bestehen

Mission Führerschein

Der härtere Brocken als das Fahren: die Theorie. Insgesamt spielte ich die App 32 Stunden lang durch, um den notwendigen Wissensstand zu erreichen

Führerschein: Wie viel man wirklich lernen muss, um die Theorieprüfung zu bestehen

Mission Führerschein

Am 20. März ging es dann zur Theorieprüfung in die Fahrschule. 60 Minuten hat man Zeit, 20 habe ich gebraucht

1.428 quälende Fragen: Lernen für die Theorieprüfung erfordert Ausdauer

Wie schnell dürfen Sie mit Spikereifen höchstens fahren? (A) 50 - 80 - 100 - 100 km/h, (B) 50 - 80 - 80 - 100 km/h, (C) 50 - 100 - 100 - 100 km/h oder (D) 50 - 100 - 100 - 130 km/h. Die richtige Antwort? Die wissen Sie sicher (A), die Theorieprüfung hat noch jeder bestanden, wird mir beim Lernen von vielen Seiten zugetragen. Dass 2024  jeder Dritte, konkret 32,6 Prozent laut Verkehrsministerium, bei der Prüfung durchgefallen sind, erwähnt  keiner. 

Denn die Theorie ist vor allem eines: mühsam. Die App durchspielen ist anfangs pure Quälerei. Bis man Verkehrszeichen wiedererkennt, auf plausibel klingende Antworten nicht hineinfällt und die 1.428 Fragen ohne nachzudenken richtig anklickt, dauert es. In meinem Fall: 32 Stunden und 40 Prüfungssimulationen. Plus die 27 Stunden Theoriekurse und zehn Stunden Skript-Lesen komme ich auf 70 Stunden Hirnarbeit. Erst dann erreiche ich einen Wissensstand von 94 Prozent. Ab 90 lässt sich ruhigen Gewissens zur Theorieprüfung antreten, rät die Fahrschule. Das habe ich am 20. März endlich getan. Und mit 100 Prozent bestanden.

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