Batterierohstoffe für E-Autos: Wie abhängig ist Europa bereits?

FILE PHOTO: Workers transport soil containing rare earth elements for export at a port in Lianyungang
Drei Experten ordnen ein, welche Abhängigkeiten in puncto Batterierohstoffen bereits bestehen und welche Stragegien dagegen möglich wären.

Zusammenfassung

  • Europa ist bei Batterierohstoffen und deren Verarbeitung, insbesondere bei seltenen Erden und Permanentmagneten, stark von China abhängig.
  • Langfristige Strategien wie Investitionen in alternative Lieferketten und die Forcierung des Batterierecyclings sind entscheidend, um die Abhängigkeit zu verringern.
  • Recycling und Second-Life-Anwendungen werden als Schlüssel gesehen, um den Rohstoffbedarf nachhaltiger und unabhängiger zu decken.
Laut dem Global EV Outlook 2025 der Internationalen Energieagentur (IEA) ist die geografische Konzentration des Bergbaus und der Raffination von Batterierohstoffen, die für Kathoden und Anoden von Batterien benötigt werden, „besorgniserregend“. Im Jahr 2023 förderten Australien, Chile und China etwa 85 % des weltweiten Lithiums, wobei fast 65 % in China und weitere 25 % in Chile raffiniert wurden. Gibt es überhaupt eine Möglichkeit für Europa, hier unabhängiger zu werden? Drei Experten geben Antworten:

Gerhard Meister - Group Vice President, Business Unit Electrification der AVL List GmbH

 
"Bei Lithium ist Australien derzeit der größte Produzent, gefolgt von Chile und China. Allerdings findet die Weiterverarbeitung des Rohstoffs – also die Raffination und Herstellung von Vorprodukten für Batterien – nach wie vor überwiegend in China statt. Sehr stark sind die Abhängigkeiten auch bei Seltenerdmetallen, die etwa in Dauermagneten und Elektronikkomponenten benötigt werden. Zwar gibt es Vorkommen in Australien, Vietnam, Brasilien oder Grönland, deren Erschließung ist jedoch kapital- und kostenintensiv. Hier braucht es langfristige Investitions- und Umweltstrategien, um alternative Lieferketten aufzubauen. Generell gilt: Übermäßige Konzentration in bestimmten Regionen führt zu wirtschaftlichen Risiken – Europa ist daher derzeit stark abhängig von Asien. Ein weiterer Schritt, um mehr Unabhängigkeit zu erzeugen, wäre die Forcierung des Recyclings von Batteriezellen. Die Batterieregularien der EU besagen hierzu, dass bereits ab 2027 90% des Kobalts, Kupfer und Nickel, sowie 50% des Lithiums recycliert werden müssen. Ab 2031 gilt dann, dass 16% des in Batterien verwendeten Kobalts, sowie 6% des Nickels und Lithiums aus wiedergewonnen Materialien stammen muss. Diese Prozentzahlen erhöhen sich dann im Jahr 2036 auf 21%, 15% bzw. 12%. Der Zeitpunkt ist dabei so gewählt, dass damit zu rechnen ist, dass eine signifikante Menge an Batterien zu den Herstellern zu diesem Zeitpunkt zurücklaufen, also ihre Lebensdauergrenze erreicht haben. Diese Vorschrift zielt natürlich auch darauf ab, die Abhängigkeit von aus anderen Regionen bezogenen Neumaterialien zu reduzieren."

Markus Gerschberger, Logistikum FH OÖ

"Der Rohstoffabbau ist unsere geringste von den großen Sorgen. Viel mehr Abhängigkeit besteht in der Verarbeitung von Rohstoffen und vor allem auch seltenen Erden. Hier sieht man die Abhängigkeiten von China im Bereich der Permanentmagente.  Die Abhängigkeit liegt speziell in der Verarbeitung und Fertigung, weniger im Abbau. Somit verschärft sich das Problem, da häufig auch die Technologie für Verarbeitung und Fertigung fehlt - wir sind rund 5-10 Jahre hinter China. Und: China hat hier Technologieexportverbote auferlegt."

Andreas Reinhardt, Vorsitzender des BEÖ – Bundesverband Elektromobilität Österreich

"Europa ist bei wichtigen Materialien wie Lithium, Nickel und Graphit derzeit stark von China abhängig. Recycling gilt daher als Schlüsselstrategie: Bis 2035 könnten laut Fraunhofer ISI bis zu 30 Prozent des Batterie-Rohstoffbedarfs aus recyceltem Material gedeckt werden. Aus Sicht des BEÖ entwickelt sich die Batterietechnologie in Europa in Richtung nachhaltigerer und ressourcenschonender Lösungen. Recycling wird hier in der Zukunft zum entscheidenden Faktor: Projekte wie „Car2Flex“ im Rahmen des Green Energy Labs erproben Second-Life-Anwendungen und bidirektionales Laden, um Batterien länger nutzbar zu machen und den Rohstoffkreislauf zu schließen."

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