Zellen: China flutet den Weltmarkt. Was tut Europa?
Zusammenfassung
- 2024 stammen rund 80 Prozent der weltweiten Batteriezellen aus China, Europa ist stark abhängig von asiatischen Herstellern.
- Europäische Zellproduktion wächst durch neue Projekte, steht aber noch am Anfang und kämpft mit Wettbewerbsnachteilen.
- Experten fordern gezielte Industriepolitik, massive Investitionen und schnellere Genehmigungen, um eine wettbewerbsfähige Zellproduktion in Europa zu ermöglichen.
Die weltweite Elektromobilität wächst rasant – und mit ihr die Bedeutung leistungsfähiger Batterien. Doch hinter diesem Boom steht eine Lieferkette, die sich zunehmend auf wenige Regionen konzentriert. Laut dem Global EV Outlook 2025 der internationalen Energieagentur stammen inzwischen rund 80 Prozent der weltweiten Batteriezellen aus China.
"Übermäßige Konzentration in bestimmten Regionen führt zu wirtschaftlichen Risiken – Europa ist derzeit stark abhängig von Asien", beurteilt Gerhard Meister, Group Vice President, Business Unit Electrification der AVL List GmbH, die Situation. Auch Andreas Reinhardt, Vorsitzender des Bundesverband Elektromobilität, sieht die Risiken: "Noch vor zehn Jahren war Europas Autoindustrie technologisch Weltspitze. Heute sind selbst von den in Europa produzierten Batterien mehr als 70 Prozent von asiatischen Unternehmen, nur ein geringer Teil wird von europäischen Unternehmen hergestellt." Denn der Markt ist alles andere als einfach: "Asiatische Hersteller profitieren von jahrzehntelanger Erfahrung und massiven Förderungen. CATL erhielt 2023 rund 800 Mio. US-Dollar an Subventionen. Davon können europäische Anbieter nur träumen", so Reinhardt.
Für Markus Gerschberger vom Logistikum der FH OÖ bedeutet diese Entwicklung, "dass wir nur bedingt im Fahrersitz für die Wende sitzen." Europäischen Hersteller, so Gerschberger, produzieren auf Weltmarktniveau derzeit "keine nennenswerten" Mengen: "China hat bewusst den Weltmarkt mit Zellen geflutet und den Preis sinken lassen."
Was tut Europa?
Mit ACC (ein Joint Venture von Stellantis, Mercedes-Benz und TotalEnergies) in Frankreich sowie PowerCo (Volkswagen) in Salzgitter entstehen dennoch gerade zwei große europäische Zellhersteller. Weitere Projekte, etwa in Spanien, befinden sich im Aufbau. Meister: "Auch asiatische Unternehmen wie CATL und LG Energy Solution produzieren bereits in Polen und Deutschland, EVE errichtet aktuell eine Fabrik in Ungarn."
Damit wachsen die Zellproduktionskapazitäten in Europa zwar deutlich, doch die europäischen Hersteller stehen noch am Anfang der Skalierung. "Die Mobilitätswende ist aber ohne stabile und diversifizierte Lieferketten kaum zu bewältigen. Fehlt die Planungssicherheit, geraten Investitionen ins Stocken", meint Meister. Regularien und Fördermaßnahmen müssten langfristig angelegt werden, um Investitionen in neue Technologien und alternative Lieferketten zu ermöglichen. "Für eine wettbewerbsfähige Zellproduktion braucht es fundiertes Zelldesign oder entsprechende Lizenzen sowie hochautomatisierte Fertigungsanlagen. Diese sind kapitalintensiv und energieaufwendig."
Was wäre nötig, um sich eine eigene Zellenproduktion aufzubauen? "Europa braucht eine gezielte Industriepolitik, schnellere Genehmigungsverfahren und massive Investitionen", meint dazu BEÖ-Vorsitzender Reinhardt.
Für Markus Gerschberger hingegen stellt sich die große Frage, ob eine eigene Zellenproduktion notwendig ist. Denn: "Betrachtet man das Investitionsvolumen von China, die Direktförderung von CATL im Milliardenbereich, die viel geringeren Energie- und Lohnkosten, die geringen Umweltauflagen – wie soll da eine Zellproduktion in Europa wirtschaftlich funktionieren?"
- Zehn Batterie-Zellhersteller kontrollieren 93 % des Weltmarktes. (kein europäisches Unternehmen darunter)
- Acht Lithiumabbauunternehmen kontrollieren 95 % des Weltmarktes. (kein europäisches Unternehmen darunter)
- China hätte im Jahr 2024 die weltweite Nachfrage nach Batteriezellen zweimal decken können – und im Jahr 2025 fast viermal.
- Im Jahr 2023 war CATL der größte Empfänger direkter staatlicher Subventionen in China und erhielt 790 Mio. USD; im Jahr 2024 waren es 1,3 Mrd. USD. (Nikkei Asia)
- Die industriellen Strompreise in Europa sind zwei- bis zweieinhalbmal so hoch wie in den Vereinigten Staaten und China.
- Die Produktionskosten für eine 70-kWh-Batterie sind in China über 45 % niedriger und in den Vereinigten Staaten mehr als 20 % niedriger als in Europa.
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