Motorrad-Fahrtechnik: Wer rastet, der rostet
Nach gut vier Monaten Zwangspause im Winter beginnt endlich wieder die Motorradzeit. Zu Saisonbeginn herrschen jedoch besonders erschwerte Bedingungen: Zum einen sind wir nach dem Winter zwangsläufig aus der Übung, zum anderen sind die Straßenverhältnisse nicht ideal – kalter Asphalt bietet wenig Grip, vereinzelt findet sich noch aufgetragener Rollsplitt. Obendrein rechnen andere Verkehrsteilnehmer oft noch noch nicht mit Zweiradfahrern.
In Form kommen
Die Frage stellt sich also: Wie kommen wir rasch wieder in Form? Es empfiehlt sich die erste Ausfahrt auf jeden Fall gemütlich anzugehen und eine geeignete, bekannte, nicht zu schattige Strecke mit weiteren Kurven und wenig Verkehr zu wählen.
Vor der ersten Ausfahrt sollte man den Helm und das Motorradgewand überprüfen und pflegen. In welchem Zustand und wie alt sind Helm, Handschuhe, Stiefel, Jacke, Hose?
Fahrer und Maschine sind noch nicht aufeinander eingespielt. Durch gezielte Slalom- und Bremsübungen auf einem Parkplatz bekommen wir das Gefühl für die Maschine schneller wieder zurück. Selbst Profis stehen nach einer längeren Pause vor der selben Herausforderung. Daher am besten gleich zu Saisonbeginn ein Fahrtraining in einem ÖAMTC Fahrtechnik Zentrum absolvieren.
Durch ein eintägiges Intensivtraining beispielsweise erspart man sich viele Kilometer risikoreiches einfahren. Den ganzen Tag Kurventraining, Notbremsen und Ausweichübungen – da wächst man mit seiner Maschine wieder zusammen. Ganz nebenbei erhält man von Profis entscheidende Tipps bezüglich Lenk-, Blick- und Bremstechnik, die einem bei jeder Ausfahrt mehr Sicherheit geben und so den Spaßfaktor steigern.
An die Reifen denken!
Wieso ist die Haftung bei niedrigen Temperaturen geringer? Der Grip unserer Motorradreifen ist durch die Gummimischung in der Regel für zweistellige Plusgrade ausgelegt, ähnlich wie Sommerreifen beim Auto. Weichere Winterreifen mit Lamellentechnik für niedrige Temperaturen gibt es meist nur in Rollerdimensionen.
Autos mit Winterreifen haben bei einstelligen Temperaturen deutlich kürzere Bremswege als wir mit unseren Motorradreifen, also Abstand halten und keine extremen Schräglagen bei einstelligen Temperaturen! Das ist ähnlich wie bei Valentino Rossi, wenn er im Regen noch mit Trockenreifen draußen ist: Es funktioniert schon – nur eben deutlich langsamer!
Im Verkehr sichtbar sein
Und wieso übersehen uns die Autofahrer zu Saisonbeginn eher? Einfach, weil in den letzten vier Monaten kaum Zweiradfahrer unterwegs waren. Nun tauchen wir „plötzlich“ wieder im Rückspiegel auf, überholen überraschend, nähern uns ungeregelten Kreuzungen und schlängeln uns in der Kolonne vorbei. Das kann einige Autofahrer überfordern.
Deshalb müssen wir den anderen Verkehrsteilnehmer eine Chance geben uns wahrzunehmen. Dazu gehört eine möglichst berechenbare Fahrweise, immer sichtbar bleiben, tote Winkel meiden und vorausschauend und vorausdenkend fahren. Zur Not müssen wir in der Lage sein auf den Fehler des anderen zu reagieren, mit einer Vollbremsung etwa oder mit einem Ausweichmanöver.
Auch das sollte man üben – bei einem Training in einem der österreichweit acht ÖAMTC Fahrtechnik Zentren.
Der Autor ist Motorrad-Chefinstruktor der ÖAMTC Fahrtechnik und Leiter des Fahrtechnik Zentrums Teesdorf.
Link: oeamtc.at/fahrtechnik
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