"Noch vor zehn Jahren war Europas Autoindustrie technologisch Weltspitze"

© BEÖ/BREITBILD-Austria
China dominiert den Markt der Batteriezellproduktion. Wie könnte sich Europa aus der Abhängigkeit befreien?

Die Mobilitätswende ist im Gange - doch bislang dominieren vor allem asiatische Hersteller den Markt der Zellenproduktion. Was bedeutet das für Europa und auch Österreich?
Andreas Reinhardt, Vorsitzender des Bundesverband Elektromobilität Österreich (BEÖ), gibt Auskunft.

KURIER: China war 2024 für 80 % der weltweiten Batteriezellproduktion verantwortlich. Wie abhängig ist Europa bereits von China / Asien?
Andreas Reinhardt: Ja, im Jahr 2024 wurden rund 80 Prozent der weltweiten Batteriezellproduktion in China produziert, nur etwa 13 Prozent aus Europa und 11 Prozent aus Nordamerika. Von den in Europa produzierten Batterien sind über 70 Prozent von asiatischen Unternehmen, nur ein geringer Teil wird tatsächlich von europäischen Unternehmen hergestellt. 
 
Was bedeutet diese Abhängigkeit für die Mobilitätswende?
Reinhardt: Die Dominanz chinesischer Anbieter bringt Risiken für die Mobilitätswende mit sich. Falls Handelskonflikte eskalieren, könnten sie zu Produktionsausfällen bei Elektrofahrzeugen führen. Chinas Überkapazitäten verzerren auch die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Automobilindustrie. Noch vor zehn Jahren war Europas Autoindustrie technologisch Weltspitze. 
 
Bislang dominieren vor allem asiatische Hersteller (z. B. CATL, LG Energy Solution, Panasonic) den Markt der Zellenproduktion. Welche Europäischen Hersteller gibt es? 
Reinhardt: Zu den zentralen europäischen Batterieprojekten zählen ACC (Automotive Cells Company, Frankreich/Deutschland), Verkor (Frankreich) und Freyr (Norwegen). Auch Volkswagen (PowerCo) und Stellantis investieren zurzeit in eigene Zellfertigungen. Diese Projekte sollen Europas Anteil an der globalen Produktion erhöhen, kämpfen jedoch mit hohen Energie- und Rohstoffkosten sowie Skalierungsproblemen, wie eine Studie der ASCII 2025 ergab (Austria Supply Chain Intelligence Institut – ASCII).
 
Wie gut können sie mithalten?
Reinhardt: China kann ab 2025 den globalen Bedarf an Batteriezellen fast vierfach decken, so ASCII (Supply Chain Intelligence Institut Austria). Europa erreicht derzeit rund 190 GWh Produktionskapazität jährlich. Asiatische Hersteller profitieren von jahrzehntelanger Erfahrung und massiven Förderungen, so erhielt CATL im Jahr 2023 rund 800 Mio. US-Dollar an Subventionen. Davon können europäische Anbieter nur träumen.
 

Was wäre nötig, um sich eigene Zellenproduktion aufzubauen? Was tut sich hier in Österreich?
Reinhardt: Europa braucht eine gezielte Industriepolitik, schnellere Genehmigungsverfahren und massive Investitionen in Recycling und Kreislaufwirtschaft. Der Hebel liegt hierzulande vor allem bei Forschungen zu Materialien und Kreislaufwirtschaft – so gibt es etwa Projekte in Oberösterreich wie „SMADBatt“, „maxE“ und „BattBox“, die ökologische Produktionsverfahren und Recycling erforschen. 
 
Wie erklären sich Konkurse wie etwa von Northvolt?
Reinhardt: Der Zusammenbruch von Northvolt 2025 verdeutlicht die strukturellen Schwächen Europas: mangelnde Skalierungserfahrung, hohe Kapitalanforderungen, operative Ineffizienzen, fehlender Rohstoffzugang und teils überambitionierte Pläne. Genau diese Standortnachteile in Europa und der Vorsprung in Asien verzerren die Marktfähigkeit europäischer Hersteller und machen einen Erfolg europäischer Produzenten schwierig.
 
*Das Interview wurde schriftlich geführt

Kommentare