"Europa ist daher derzeit stark abhängig von Asien"
Zusammenfassung
- Europa ist stark von Asien, insbesondere China, bei der Batteriezellproduktion abhängig, da rund 80 % der weltweiten Zellen dort hergestellt werden.
- Die Mobilitätswende erfordert stabile und diversifizierte Lieferketten, weshalb langfristige Investitionen und Fördermaßnahmen in Europa notwendig sind.
- Europäische Zellhersteller wie ACC und PowerCo entstehen, doch asiatische Unternehmen dominieren weiterhin den Markt und verfügen über größere Erfahrung und Kapazitäten.
Die weltweite Elektromobilität wächst – und mit ihr die Bedeutung leistungsfähiger Batterien. Doch hinter diesem Boom steht eine Lieferkette, die sich zunehmend in wenigen Regionen konzentriert. Laut dem Global EV Outlook 2025 der Internationalen Energieagentur stammen inzwischen rund 80 % der weltweiten Batteriezellen aus China. Gerhard Meister - Group Vice President, Business Unit Electrification bei AVL List GmbH, im Interview.
KURIER: Wie abhängig ist Europa in Sachen Batteriezellproduktion bereits von China beziehungsweise Asien?
Gerhard Meister: Die Verflechtungen in den globalen Lieferketten der Automobilindustrie sind tiefgreifend – insbesondere im Bereich der Elektromobilität, aber auch weit darüber hinaus, wie zuletzt im Halbleiterbereich sichtbar wurde. Bei Lithium ist Australien derzeit der größte Produzent, gefolgt von Chile und China. Allerdings findet die Weiterverarbeitung des Rohstoffs – also die Raffination und Herstellung von Vorprodukten für Batterien – nach wie vor überwiegend in China statt. Sehr stark sind die Abhängigkeiten auch bei Seltenerdmetallen, die etwa in Dauermagneten und Elektronikkomponenten benötigt werden. Zwar gibt es Vorkommen in Australien, Vietnam, Brasilien oder Grönland, deren Erschließung ist jedoch kapital- und kostenintensiv. Hier braucht es langfristige Investitions- und Umweltstrategien, um alternative Lieferketten aufzubauen. Generell gilt: Übermäßige Konzentration in bestimmten Regionen führt zu wirtschaftlichen Risiken – Europa ist daher derzeit stark abhängig von Asien.
Die AVL List GmbH („AVL“) mit dem Hauptsitz in Graz ist eines der weltweit führenden Mobilitäts-Technologieunternehmen für Entwicklung, Simulation und Testen in der Automobilindustrie und in anderen Branchen. Das Unternehmen liefert Konzepte, Lösungen und Methoden in Bereichen wie Fahrzeugentwicklung und -integration, E-Mobilität, Fahrerassistenzsysteme und autonomes Fahren (ADAS/AD) sowie Software.
Bislang dominieren vor allem asiatische Hersteller (z. B. CATL, LG Energy Solution, Panasonic) den Markt der Zellenproduktion. Welche Europäischen Hersteller gibt es?
Mit ACC (ein Joint Venture von Stellantis, Mercedes-Benz und TotalEnergies) in Frankreich sowie PowerCo (Volkswagen) in Salzgitter entstehen zwei große europäische Zellhersteller. Weitere Projekte befinden sich im Aufbau, etwa in Spanien. Auch asiatische Unternehmen wie CATL und LG Energy Solution produzieren bereits in Europa – in Polen und Deutschland – und EVE errichtet derzeit eine Fabrik in Ungarn. Damit wachsen die Zellproduktionskapazitäten in Europa zwar deutlich, die Zahl der europäischen Hersteller bleibt aber noch gering.
Wie gut können sie mithalten?
Das wird letztlich der Markt zeigen. Europäische Hersteller stehen noch am Anfang der Skalierung, während asiatische Produzenten auf jahrzehntelange Erfahrung und eingespielte Lieferketten zurückgreifen können. Als agierendes Unternehmen können wir Trends dort unterstützen, wo sie entstehen – sei es in China oder Europa.
Was wäre nötig, um sich eigene Zellenproduktion aufzubauen? Was tut sich hier in Österreich?
Für eine wettbewerbsfähige Zellproduktion braucht es ein fundiertes Zelldesign oder entsprechende Lizenzen sowie hochautomatisierte Fertigungsanlagen – von der Elektrodenbeschichtung über das Trocknen und Stapeln bis zum Befüllen mit Elektrolyt. Diese Anlagen sind kapitalintensiv und energieaufwendig.
*Das Interview wurde schriftlich geführt
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