Entlastungsmaßnahmen: Woran die Stimmung hängt

Hattmannsdorfer, Schellhorn, Hanke
Mit 113 Maßnahmen will die Regierung den Bürgern und der Wirtschaft das tägliche Leben erleichtern. Das ist löblich. Unterm Strich aber zu wenig.
Christian Böhmer

Christian Böhmer

Sepp, was machst Du? Als Josef „Sepp“ Schellhorn noch Gastwirt war, da begann er seine Online-Kochvideos ausnahmslos mit diesem launig hingeworfenen Satz.

Mittlerweile brät, rührt und dünstet Schellhorn nur noch als Privatmann. Doch es erfüllt den Ex-Unternehmer mit einer gewissen Genugtuung, dass er auf die Frage „Sepp, was machst Du?“ nicht nur als Wirt, sondern auch als „Staatssekretär für Deregulierung und Entbürokratisierung“ Antworten hat.

Gemeinsam mit den Ministern für Wirtschaft und Infrastruktur präsentierte Schellhorn am Mittwoch exakt 113 Entlastungsmaßnahmen. Und sie alle haben einen Zweck: Bürgern wie Unternehmern sollen Zeit und Geld erspart und das Leben erleichtert werden.

Dass Österreich ein Land der entbehrlichen bis – Verzeihung! – idiotischen Regeln ist, darf als Tatsache gelten. Nicht nur der Wirtschaftsminister kann diesbezüglich mit abenteuerlichen Beispielen aufwarten: Betreibern von Almhütten wird hierzulande tatsächlich vorgeschrieben, in welcher Flaschengröße sie Wanderern ein Kracherl verkaufen dürfen. Und wer in Bezirkshauptmannschaften einen Ausweis beantragt, wird genötigt, die erforderlichen Dokumente in Papierform vorzulegen – auch dann, wenn das Amt die Unterlagen längst digital im Computer hat.

Die von der Dreierkoalition präsentierten Maßnahmen sollen derartige Dummheiten nicht nur benennen, sondern diese ab dem ersten Halbjahr 2026 auch endgültig abstellen. Das sollte man nicht zu gering schätzen. Gleichwohl darf sich die Regierung kein allzu euphorisches Lob oder gar eine nachhaltige Änderung der allgemein eher trüben Stimmungslage erwarten.

Solange die Inflation in Österreich fast doppelt so hoch ist wie im Rest des Kontinents; solange die Wirtschaft nicht anspringt und die Arbeitslosigkeit um 400.000 pendelt; und vor allem: Solange man als Regierung eher achselzuckend zulässt, dass sich der Föderalismus auch 2025 allerorten von seiner kleingeistigen Seite zeigt, indem beispielsweise die Postleitzahl entscheidet, ob Patienten in Spitälern behandelt werden oder welche Art der Pflege Mitmenschen bekommen, so lange wird sich die Stimmung nicht dramatisch zum Besseren wenden.

Selbst Umfragen zeigen, dass die Bevölkerung heute weiter ist als die Politik. Man wäre für große Reformen zu haben. Wann, wenn nicht in einer fordernden Phase wie dieser sind mutige Schritte machbar?

Schellhorn hat die 113 Maßnahmen als „Kieselsteine“ bezeichnet, die Bürger und Unternehmer „im Schuh drücken“, und die nun entfernt werden. Die Sache ist nicht erledigt. Um im Bild zu bleiben: Nach dem Kiesel gilt es, den Schotter und das Geröll aus dem Weg zu räumen.

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