Wo die EU weltweit wegweisend ist

Europa führt einen wichtigen, aber unbedankten Kampf gegen die gewachsenen Online-Monopole.
Georg Leyrer

Georg Leyrer

Daten sind, das hören wir zur Genüge, das neue Öl. Ebenso hören wir zur Genüge, dass wir die schönen neuen Onlinedienste wie Google und Facebook mit ebendiesen Daten bezahlen.

 

Was aber nur die halbe Wahrheit ist. Denn wir zahlen für das Gratisvideo auf YouTube, das billige Zimmer bei Airbnb, das Urlaubsbild der Freundin auf Facebook noch mit etwas anderem: mit dem Gemeinwesen. Die großen Online-Plattformen attackieren mit ihrem flüchtigen Geschäftsmodell die Geldflüsse, auf denen das europäische Sozialsystem basiert.

„Money grab“ heißt das bei den Kritikern des Silicon Valley: Man sucht sich eine Branche zur Disruption aus, in die man mit einem neuartigen Angebot so eindringen kann, dass man sie völlig durcheinanderwirbelt. Wenn sich der Staub gesetzt hat, dann sehen die Betroffenen: Ein guter Teil des Geldes, das sie früher verdient haben, fließt nun an eine US-Plattform.

Das war zuerst in der Kultur und den Medien so: Musik, Film und Nachrichten wanderten auf YouTube, Facebook und Google. Den absoluten Löwenanteil der Werbeeinnahmen streifen seitdem diese Plattformen ein.

Zuletzt betraf es viele weitere Bereiche, etwa die Taxi-Branche (Uber) und die Zimmervermieter (Airbnb).

Neue Konkurrenz ist an und für sich kein Schaden: Verkrustete Strukturen und Zugänge gab es überall.

Wenn billig teuer ist

Der Schaden aber liegt darin, dass die Plattformen hier mit scheinbar billigeren Leistungen die Kunden und die Einnahmen an sich reißen – den Preis aber die Gesellschaft zahlt. Denn Steuern lassen die Plattformen so gut wie keine im Land. Sie beschäftigen kaum Mitarbeiter, sie schöpfen einfach Geld ab.

Und bieten gegen jeden Eingriff in dieses Modell groß geführte Lobbying-Arbeit auf.

Der Gesetzgeber sieht sich im Hintertreffen. Erstens hechelt er hinterher und muss sich anhören, dass er die Digitalisierung verschlafe. Zweitens macht er bei jedem Eingriff die Dienste teurer – was die Anbieter ihre Kunden ausführlich wissen lassen. Und man sieht sich einigen der größten Unternehmen gegenüber, die es je gegeben hat.

Bundesländer sind machtlos, aber auch Österreich als Gesamtes ist hier nur ein viel zu kleiner Player. Die EU aber lässt hier erstaunliche Muskeln spielen: Hier machen die großen Plattformen immerhin ein Viertel ihres Geschäftes, wie der Economist aktuell schreibt. Auch die viel geschmähte Datenschutzrichtlinie gilt international längst als Vorbild: Europa zwingt die zu Monopolen angewachsenen Tech-Firmen dazu, sich neuer Konkurrenz zu stellen. Und macht damit gegen viele Widerstände eine oftmals unbedankte Arbeit, die in die ganze Welt ausstrahlt.

Wenn sich wer fragt, wofür die EU gut ist: Das ist ein Punkt, dessen Wichtigkeit für die Zukunft nicht überschätzt werden kann.

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