Spitäler-Debatte im Blindflug

Patienten, die auf dem Gang liegen müssen, verschobene Operationen und aufgrund von Personalmangel gesperrte Abteilungen: Kein Tag vergeht ohne Hiobsbotschaften aus den heimischen Krankenhäusern. Sie kommen aus allen Bundesländern, vor allem aber aus Wien.
Es wäre nicht Österreich, würde die Debatte um den Zustand des Gesundheitswesens nicht in den üblichen parteipolitischen Grabenkämpfen versinken: Auf der einen Seite eine Koalition aus ÖVP und FPÖ, die den baldigen Zusammenbruch der roten Gemeindespitäler heraufbeschwört, auf der anderen ein roter Wiener Stadtrat, der Ärztevertreter frontal attackiert oder am liebsten die Gastpatienten (die überwiegend aus dem ÖVP-regierten Niederösterreich stammen) aus seinen Spitälern hinauswerfen möchte. Und als dritter Player eine Ärztekammer, die nach dem (fast schon wieder vergessenen) Ärztestreik 2016 wieder ihre Kampagnenfähigkeit unter Beweis stellen muss. Mit teuren Umfragen unter Kollegen etwa, die als Beleg für die nahezu apokalyptischen Zustände in den Spitälern herhalten sollen.
Wichtige Daten fehlen
In dieser schrillen Tonart wird es auch im neuen Jahr weitergehen. Was nicht weiter verwundert, fehlt doch belastbares, transparentes Datenmaterial über den Zustand des heimischen Gesundheitssystems. Das wurde in der zurückliegenden Corona-Krise besonders augenscheinlich (man erinnere sich etwa an das Chaos bei den Infektionszahlen und an das Hickhack rund um die Bettenauslastung), gelte aber auch für die Personalsituation in den Spitälern, wie Gesundheitsökonomen beklagen.
Sie würden gerne das tatsächliche Ausmaß der aktuellen Krise untersuchen, allerdings ließen sich nicht einmal die simpelsten Fragen beantworten: Wie ist derzeit der genaue Ist- und Sollzustand beim Spitalspersonal? Ging hier die Schere in den vergangenen Monaten und Jahren tatsächlich so weit auf, wie gerne behauptet wird? Und – der wichtigste Punkt – kam es zuletzt tatsächlich zu einer spürbaren qualitativen Verschlechterung der Versorgung der Patienten? Eine von der Ärztekammer finanzierte Umfrage unter Spitalsärzten und Patienten wird kaum genügen, um diese Fragen eindeutig zu beantworten. Dies wäre aber Voraussetzung dafür, um ein Gesundheitssystem so zu planen und zu steuern, dass es den Erfordernissen Genüge tut.
Gewollter Zustand?
Die Zersplitterung der Zuständigkeiten und die in Österreich traditionell tief verankerte Abneigung gegenüber jeder Form von Transparenz machen es aber unmöglich, die nötigen Daten bereitzustellen. Und so wird die Debatte auch weiterhin zwischen überzogener Empörung und peinlicher Beschwichtigung oszillieren. Vielleicht ist das von den Beteiligten aber genau so gewollt.

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