Schleichende Verstaatlichung

Der brisanteste Fall vor dem Höchstgericht ist die Kassenfusion. Es geht um einen Systemwechsel.
Daniela Kittner

Daniela Kittner

Das Urteil der Höchstrichter über das gelockerte Rauchverbot in der Gastronomie fällt demnächst, jedenfalls noch vor dem Sommer. Die FPÖ stellt sich auf eine zumindest teilweise Beanstandung ein.

Mit der Kassenfusion steht ein weiteres Kernstück freiheitlicher Politik auf dem Richtprüfstand. Dabei geht es anders als beim Rauchen um eine grundlegende Systemfrage: die heiligen Kühe Föderalismus und Sozialpartnerschaft. Die bisher gepflogene Selbstverwaltung in der Sozialversicherung bedeutet ja nichts anderes als eine Autonomie der Versichertengemeinschaft und der Länder vom Ministerium.

Eine Unabhängigkeit von parteipolitischem Hü und Hott spricht für die Selbstverwaltung, weil das Sozialsystem dadurch berechenbar und verlässlich ist. Ein Beispiel: Wenn jetzt die Regierung den Krankenkassen zur Entlastung von Kleinstverdienern 900 Millionen Euro Beiträge entzieht, mag das sozial sein, macht aber die Kassen abhängiger von der Politik. Denn Jahr für Jahr brauchen sie jetzt den Finanzminister, damit er den Einnahmenentfall ausgleicht (vergleichbarer Fall : Budgetfinanzierung des ORF).

Die Regierung verstaatlicht das Gesundheitssystem schleichend. Schade, dass sie das nicht zugibt und offen darüber redet, es gibt nämlich auch legitime Gründe gegen die Selbstverwaltung: Jede Neuerung dauert dort ewig, Gesundheitspolitiker haben praktisch nichts zu reden, das Service ist zuletzt so schlecht geworden, dass die Patienten scharenweise zu Wahlärzten laufen und freiwillig privat zahlen.

Wenn die Verfassungsrichter die Kassenfusion aufheben, dann geschieht es wegen dieses verdeckten Systemwechsels. Dann ist Ehrlichkeit angesagt.

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