Ist die Aufweichung des Verbrenner-Aus für neue Pkw richtig?

Aus dem Auspuff eines Autos kommt Rauch.
Die Autokonzerne dürfen auch über 2035 hinaus unter Auflagen mit Sprit betriebene Fahrzeuge auf den Markt bringen. Eine gute Idee? Robert Kleedorfer und Georg Leyrer sind sich da nicht so sicher.

Die Autokonzerne dürfen auch über 2035 hinaus unter Auflagen mit Sprit betriebene Fahrzeuge auf den Markt bringen. Die Entscheidung der EU-Kommission sorgt in der Industrie für Aufatmen, bei Umweltschützern stößt die Änderung auf Unverständnis. Ist die Aufweichung des Verbrenner-Aus nun richtig?

PRO

Wer falsch abbiegt, kehrt am besten sofort um, wenn der Fehler erkannt wird, anstatt stur weiterzufahren, um am Ende des Tages mit den Konsequenzen leben zu müssen. Dies macht die EU nun, indem sie ihre überzogenen Klimaziele überarbeitet. Sei es beim Lieferkettengesetz, bei der Entwaldungsverordnung oder eben  beim nun abgeschwächten Verbrenner-Aus ab 2035. Europas Wirtschaft braucht insbesondere jetzt mehr Freiheit und weniger Regulierung.

Die Autobranche steht unter großem Druck, vor allem wegen der Transformation hin zur E-Mobilität. Sie muss und wird auch in den nächsten Jahren viel Geld dazu investieren. Doch zugleich ist der Verbrenner noch lange nicht am Ende seiner Tage angekommen. Das zeigen auch die Verkaufszahlen. Reine E-Autos kommen nur auf einen Anteil von 20 Prozent, wobei 70 Prozent davon auf Firmenzulassungen entfallen, weil es attraktive steuerliche Vorteile gibt. Sonst sähe das Bild wohl anders aus.

Viele Konsumenten trauen der neuen Technologie noch nicht ganz und kaufen daher vorwiegend Hybride. Wenn reine E-Antriebe und die dazugehörige Infrastruktur eines Tages wirklich für alle überzeugend sind, wird sich die Technik ohnehin von selbst durchsetzen. Auch ganz ohne Verbote.

Zum Autor: Robert Kleedorfer leitet das KURIER-Wirtschaftsressort. 

CONTRA

Wenn man die Augen ganz ganz fest zumacht und sich unter der Decke versteckt, dann kommt es nicht, das böse Zukunftsmonster. Glauben Kinder. Und glaubt auch die EU, bzw. sie muss auf Druck der Autobranche so tun, als würde sie das glauben. Ja, es ist ein Sorgenmoment: Eine Säule, auf der der Reichtum Deutschlands, damit auch Österreichs und auf eine Art der ganzen EU fußt, wackelt.

Nicht wegen der bösen Ökos, sondern weil die Automobilbranche in eine Kosten- und Marketingschere geraten ist. Man produziert sicher die besten Autos der Welt, nur halt auch die teuersten. Und man produziert immer Besseres vom Selben: Ob der Benziner jetzt ein paar Deziliter mehr oder weniger verbrennt, reißt niemanden vom Hocker. Die Folge: Auch den deutschen Autos fehlt die Zukunftserzählung. 

In China – bis vor Kurzem ein großer Markt dafür – gelten deutsche Pkw als Oma- und Opaautos. Dort werden Smartphones auf Rädern gebaut, und nein, es ist nicht nur das „E“ vor dem Auto das Entscheidende. Sie sind heutiger und billiger. Das Aus vom Verbrenner-Aus ist auch das implizite Eingeständnis, auf diesem entscheidenden Spielfeld nicht mithalten zu können. Damit überlässt man den chinesischen Herstellern für noch ein paar gute Verbrennerjahre die Zukunft. Auweia. 

Zum Autor: Georg Leyrer leitet das Kulturressort des KURIER.

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