Palästinenserhilfe stoppen? Eine fatale Idee

Palästinenserhilfe stoppen? Eine fatale Idee
Wenn ein noch größerer Krieg in Nahost vermieden werden soll, kann auch das kleine Österreich eine Rolle spielen.
Ingrid Steiner-Gashi

Ingrid Steiner-Gashi

„Wir werden alle Zahlungen der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit vorerst auf Eis legen“, hat Außenminister Alexander Schallenberg angekündigt.  Rund 19 Millionen Euro sind   blockiert. Österreich und die EU gehen  damit weiter als Deutschland, das  nach dem beispiellos grauenhaften  Angriff der radikal-islamischen Hamas auf Israel alle Hilfsprojekte für Palästinenser zunächst einmal überprüfen will. Prüfen ist gut, aber einfrieren ist eine denkbar schlechte Idee. Fast drängt sich die Vermutung auf, man folge empörten Forderungen vom Stammtisch, alle Palästinenser müssten für den Terror der Hamas büßen.

Seit dem Holocaust sind nie mehr Juden an einem einzigen Tag gestorben  als am vergangenen Samstag. Und die Bürger Israels, sie sterben noch immer, an den Raketen der Hamas, an  noch  immer verschanzten Terroristen, die nur ein Ziel haben: töten, maximalen Schaden  anrichten, Israel zerstören.

Palästinenserhilfe stoppen? Eine fatale Idee

Ingrid Steiner-Gashi.

Israel hat die Pflicht, sich zu verteidigen

Israel hat die Pflicht, sich zu verteidigen,  den Staat und seine Bürger zu schützen, seine Feinde zu jagen, seine Todfeinde  so sehr zu schwächen, dass nie mehr Gefahr von ihnen ausgehen kann. Aber wenn Israel vermeiden will, dass  aus diesem Krieg nicht noch ein viel größerer, viel verheerenderer erwächst, muss es dafür sorgen, dass sich die Palästinenser im Westjordanland nicht dem Kampf der Hamas anschließen. Da kommt auch Europa und  selbst das kleine Österreich ins Spiel: Allen Palästinensern die Hilfe abzudrehen, heißt, alle Palästinenser zu Schuldigen zu machen. Das ist nicht nur fatal, weil selbst im Gazastreifen viele Menschen die  Hamas ablehnen. Doch sich dort offen gegen die Diktatur der Hamas aufzulehnen, endet oft tödlich.

Hilfe abdrehen macht alles noch schlimmer

Schon jetzt können 80 Prozent der Palästinenser in Gaza ohne internationale Hilfe nicht überleben. Jetzt, unter israelischen Vergeltungsschlägen, jetzt, wo Strom, Diesel und Essenslieferungen gestoppt werden, ist diese Hilfe noch viel nötiger. Was Österreich  bisher lieferte, ist rein humanitär: Medizin, Wasserversorgung, Bildung. Diese Hilfe auch noch abzudrehen, macht alles nur noch schlimmer – und das nicht nur in Gaza, sondern auch im Westjordanland. Dort übrigens pflegt die politische  Führung  unter Mahmud Abbas  tiefe Feindschaft zur Hamas – umso absurder wäre es, also auch sie noch zu bestrafen.

Mehr lesen: Israel blockiert den Gaza-Streifen: "Kein Strom, keine Lebensmittel"

Eingeständnis der eigenen Hilflosigkeit

Letztlich ist die Ankündigung, den Palästinensern die Hilfen einzufrieren, nichts anderes als ein Eingeständnis der eigenen Hilflosigkeit. Eine  Friedensinitiative für eine Zwei-Staaten-Lösung – wann genau hat es die zuletzt gegeben? Vor Ewigkeiten. Stattdessen blickte Europa aus sicherer Distanz auf die immer wiederkehrenden Krisen zwischen Israel und den Palästinensern. Das werde schon alles irgendwie unter Kontrolle bleiben, lautete die Hoffnung. Schlimmer kann man sich nicht in die Tasche  lügen.

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