ORF-Landesstudios: Wie der heilige Geist fliegt

ORF-Zentrum
Der Fall Ziegler ist nur ein Aspekt der ORF-Landesstudios: Die Bundesländer sorgen auch für Reformstillstand.
Philipp Wilhelmer

Philipp Wilhelmer

Der Korken bleibt nicht mehr in der Flasche: Die Meldungen, die seit Freitag über das Landesstudio Niederösterreich zu lesen sind (auch auf dem regionalen Ableger von ORF.at), lassen keinen Zweifel: Hier wurde viel Porzellan zerdeppert. Landesdirektor Robert Ziegler, ein gestandener Journalist, der aus seiner Weltanschauung als Christlich-konservativer nie ein Hehl machte, sieht sich mit schweren Vorwürfen konfrontiert.

In seiner Zeit als Chefredakteur des Landesstudios Niederösterreich soll er Wünsche der schwarzen Landespolitik erfüllt haben. Er streitet das ab. Vorauseilenden Gehorsam wird man ihm aber auf jeden Fall attestieren müssen. Der Fall Ziegler ist eine perfekte politische Intrige zur Unzeit: Die Landes-ÖVP steht mitten im Wahlkampf. Wie sie sich den ORF mit Getreuen hergerichtet hat, erstrahlt in grellem Scheinwerferlicht. Dass Johanna Mikl-Leitner sich am Montagabend noch in eine von einer Belangsendung kaum zu unterscheidende Talkrunde zum Jahresrückblick setzte, zeugte von wenig Problembewusstsein auf beiden Seiten.

Soweit, so blau-gelb, könnte man sagen. Aber auch in anderen Bundesländern war die „Flugrichtung des Heiligen Geistes“ stets mit freiem Auge zu erkennen, wie das die ehemalige ORF-Generaldirektorin Monika Lindner einmal nannte. Es ist eine Art Naturgesetz: Je enger die Räume, desto näher rücken Politik und Medien zusammen. Wer einst in Klagenfurt spazierte, staunte, wie gut hier alle miteinander waren: Der damalige Landeshauptmann Jörg Haider hier, die angeblich kritischen Journalisten dort. Es ist nicht anzunehmen, dass die Verhältnisse seither wesentlich distanzierter sind.

Es gibt zaghafte Versuche, den eigenen politischen Einfluss zu verringern: Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil etwa entsandte mit Christian Kolonovits einen Musiker in den ORF-Stiftungsrat, statt wie üblich einen Partei-Vertrauten. Ob das ein glaubwürdiges Signal der Entpolitisierung ist, wird sich spätestens bei der nächsten heiklen Entscheidung im obersten ORF-Gremium zeigen, wo alle Parteien jeweils im Block abstimmen. Da wird der Musiker wohl schnell SPÖ-Mann.

Die Landeshauptleute sind auch ein Hindernis in der Reform des ORF: Um die durchpolitisierten Gremien zu entforsten, müsste man deren neun Mitglieder herausrechnen. Und welche Regierung kann das schon riskieren? Der „heilige Geist“ fliegt nicht nur im Fernsehen, sondern kann realpolitisch schnell unangenehm werden.

Auch in der Frage, wie der ORF künftig finanziert werden soll, wird Ländermaterie mitverhandelt, denn sieben von neun Ländern heben mit der GIS eine eigene Abgabe ein. Wer glaubt, dass sie darauf verzichten?

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