Nicht haben, ausborgen!

Wir leihen, statt zu kaufen. Egal, welche Motivation dahinter steckt: für die Welt ist das Konzept ein Schritt in die richtige Richtung
Sandra Baierl

Sandra Baierl

Erich Fromm, Autor von „Haben oder Sein“, hätte vielleicht eine Freude mit der aktuellen Entwicklung. 1976 schrieb er sein bekanntes Werk, in dem er auch erhofft, dass der maximale Konsum durch einen vernünftigen Konsum ersetzt wird. Der Mensch und das Sein sollen wichtiger sein, als das Haben, als Besitz und das Gieren nach Gütern.

Interpretiert man den Trend zur Sharing Economy in diese Richtung – die Menschen wollen nicht mehr besitzen, sondern borgen aus, was sie brauchen – dann hat dieses Konzept viel Gutes: die gemeinsame Nutzung ist ressourcenschonend, wider der Wegwerfgesellschaft, gut für die Umwelt und damit gut für die Welt und uns alle.

Und es ist auch dann noch vernünftig, wenn die Menschen das aus rein ökonomischen Gründen betreiben, und nicht, weil sie das Gute wollen. Meist steckt nämlich hinter dem Ausborgen eine simple Kalkulation: Wie oft brauche ich ein Fahrzeug? Zahlt es sich aus, eines zu kaufen, zu erhalten? Oder ist die Leihvariante die bessere Option?

Neben sozialer, auch wirtschaftliche Komponente

Auch auf der anderen Seite stecken streng kalkulierte Geschäftsmodelle dahinter: Firmen setzen auf „Verleihen“, weil sich ihre Produkte nicht mehr gut verkaufen. Wirtschaft darf sich verändern, nur ein gutes Geschäft muss sie bleiben.

Noch ein Gedanke zur Gesellschaft, die den Markt nachhaltig aufrüttelt: Es ist offenbar nicht mehr schick (und/oder leistbar), bestimmte Dinge zu besitzen, weil sie heute eben kein wichtiges Statussymbol mehr sind. Das gilt, vor allem bei der jungen Generation, für Autos und für Ski (meine Atomic in den 1990ern, ich bin für sie gestorben!), für Ferienwohnungen, Musik und Bücher.

Die letzten Inseln des (Männer-)Egos gibt es übrigens nicht zum Ausleihen: Luxusuhren, Mitgliedschaften und begehrte Kunstobjekte. Kommt auch das noch?

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