Nach der Krise: Zurück in die Zukunft

Nach der Krise: Zurück in die Zukunft
Sie wird kommen, die Zeit nach Corona. Und sie könnte – wertemäßig – sogar besser werden. Falls wir ein paar richtige Antworten finden.
Gert Korentschnig

Gert Korentschnig

Also dass man sich einmal so sehr freut, wenn man zwischen Schukosteckern und Inbusschlüsseln shoppen darf, hätte man bis vor Kurzem nicht für möglich gehalten. Die Welt, also der Baumarkt, das Gartencenter sowie das eine oder andere kleinere Geschäft, steht uns ab Dienstag wieder offen – Hosanna!

Bei aller Euphorie über diesen ersten Minischritt zurück zur Normalität sollten wir uns aber fragen: Was ist eigentlich Normalität? Und warum zurück? Wie wär’s mit vorwärts ins Abnormale?

Corona hat uns, unvermittelt und in nicht gekannter Heftigkeit, die Geschäfte geschlossen und die Augen geöffnet. Dafür, wie fragil alles ist und wie rasch das, was die Welt im Innersten zusammenhält, aus dem Gleichgewicht geraten kann. Das verdammte Virus dockt an irgendwelchen Rezeptoren an, und wir legen einen Bauchfleck, einen Fritzelacke hin.

Die Politik rettet uns – und irgendwie auch sich selbst. Mit Maßnahmen, die wir vordergründig gutheißen, deren Richtigkeit sich aber erst in Jahren überprüfen lässt. „Meine kleine Welt“, wie sie von Waterloo (wie passend!) und Robinson in den 70ern besungen wurde, ist über Nacht auch bei Tag nur noch das eigene Zuhause. Stillstand, Motorschaden, Boxenstopp. Und was wäre jetzt am wichtigsten? Dass nicht Mechaniker in Sekundenschnelle die Reifen wechseln, damit wir zurück auf die Formel-1-Piste des Lebens können. Was wir bräuchten: einen langsamen Start.

Viel war zuletzt vom Krieg die Rede – Unsinn! Es gibt zu essen, Hilfe für jene, die es sich nicht leisten können, keine Bomben.

Man spricht bereits vom Wiederaufbau wie nach ’45 – ebenso Unsinn! Die Nachkriegsgeneration hat Großartiges geleistet, aber es wurde so gut wie alles – von der Freiheit im Denken bis zur Freiheit im Bett – dem wirtschaftlichen Ziel untergeordnet.

Nun wollen wir auf unsere Errungenschaften nie wieder verzichten. Die Krise darf nicht den Feminismus aushöhlen (diese Gefahr besteht besonders, weil Frauen ökonomisch und kinderbetreuungsmäßig heftiger betroffen sind). Sie darf nicht den Überwachungsstaat etablieren. Sie darf die Schere zwischen Arm und Reich nicht noch weiter öffnen. Und sie muss uns dazu bringen, unsere Werte, oder das, was zuletzt davon übrig war, zu hinterfragen.

Wir gehen wir künftig mit Nähe und Distanz um? Werden wir anders reisen als nur für ein Foto auf Instagram? Wie verhindern wir, dass aus der wunderbaren Regionalisierung eine Provinzialisierung wird? Wie werden wir in Zukunft arbeiten, lieben und leiden? Welche Rolle spielt die Zeit, dieses sonderbar Ding?

Der Wiederaufbau muss bei uns selbst beginnen. Wer sind wir? Was ist uns wichtig? Was ficht uns an? Wie wollen wir leben? Fremdbestimmung ist jetzt, Selbstbestimmung ist morgen. In diesem Sinne: Frohe, besinnliche Ostern!

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