Migration: Wir müssen auch mal der „bad cop“ sein

Migranten in Lampedusa
Europa wird immer ein Magnet für Migranten sein. Schärfere Regeln wären schon da – sie müssten nur noch umgesetzt werden
Ingrid Steiner-Gashi

Ingrid Steiner-Gashi

Mehr als tausend Migranten, die derzeit täglich auf der kleinen Insel Lampedusa landen; Menschen, die in Ceuta über stacheldrahtbewehrte Grenzzäune klettern; oder Flüchtlinge, die auf Wiesen im Norden Bosniens ausharren, um es doch noch in die EU zu schaffen – Europa hat ein Problem, und das heißt Migration.

Sie ist die Achillesferse eines Europas, das es seit mehr als 30 Jahren nicht und nicht schafft, einen kohärenten Lösungsweg aufzuzeigen. Es bedurfte erst des geschockten Staunens angesichts der großen Flüchtlingsströme der Jahre 2015/’16, bis im gesamten Europa Gewissheit wurde:

Auch eine Europäische Union, die sich selbst als eine der „Guten“ in dieser Welt wahrnimmt und stolz auf die Einhaltung ihrer menschenfreundlichen Regeln pocht, wird irgendwann den „bad cop“ mimen müssen – wenn es darum geht, Millionen Menschen davon abzuhalten, nach Europa zu kommen.

Und das muss sie.
Denn sich wie bisher auf eine nur halb ausgegorene Migrationspolitik zu stützen, brachte nur traurige Ergebnisse: Jedes Jahr Tausende Tote im Mittelmeer, ein chaotisches und ungerechtes Asylsystem und Treibstoff für den Aufstieg europäischer Rechtspopulisten.

Eines ist sicher: Europa ist ein Magnet für Migranten, und so reich, relativ sicher und mit überwiegend klimatisch guten Bedingungen wird es das auch weiterhin bleiben. Sicher ist außerdem: Wer davon träumt, man könne eines Tages die Migration auf null drehen oder gar umkehren, wird enttäuscht aufwachen und feststellen – unmöglich.

Da müsste man schon wieder Eiserne Vorhänge aufziehen und Migranten mit Gewalt zurückstoßen. Push-Backs erlauben, wie es schon FPÖ-Herbert Kickl gefordert hat? Offen zur Umgehung geltender Menschenrechtsgesetze aufzurufen, wird nicht die Lösung sein. Auch eine Seeblockade gegen nordafrikanische Staaten, wie dies Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni andachte, ist weder durchführbar noch sinnvoll.

Und was schon gar nicht klappen wird, sind die Versprechungen diverser rechtspopulistischen Parteien von Warschau bis Spanien, die Migrationskrise im eigenen Land zu lösen, wenn nur die EU nicht wäre....

Nein, Europa muss jetzt endlich durchsetzen, worauf sich seine Innenminister im Juni geeinigt haben: Sehr viel schnellere Asylverfahren, mehr und sofortige Rückführungen und die Errichtung von großen Anhaltezentren an den Außengrenzen, wo Migranten schlimmstenfalls einige Wochen kaserniert bleiben müssen, bis feststeht: Dürfen sie bleiben oder müssen sie zurück?

Im Grunde wäre das sehr viel mehr Härte und Konsequenz, als Europa bisher in seiner halbherzigen Migrationspolitik an den Tag gelegt hat. Und wenn sich Europa dann als „bad cop“ zeigen muss, soll es so sein – so lange Rechte und Gesetze gelten.

ingrid.steiner@kurier.at / Twitter: @IngridGashi

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